Ausstellungen
Berlinische Galerie - Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Berlin

Berlinische Galerie, Foto: © Noshe

Resultate:  15

ZusammenSpiel. Tabea Blumenschein / Ulrike Ottinger
  • ZusammenSpiel. Tabea Blumenschein / Ulrike Ottinger

  • 15.07.2022 - 31.10.2022

  • Zur Ausstellung

    Tabea Blumenschein (1952–2020) wurde als Akteurin in den Filmen der international renommierten Regisseurin Ulrike Ottinger (*1942) bekannt. Die Ausstellung feiert die künstlerische Verbundenheit der beiden Protagonistinnen und ihren Einfluss auf die Berliner Kunstszene, insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren.
    Während ihrer Zusammenarbeit mit Ulrike Ottinger entwickelte sich Tabea Blumenschein zu einer professionellen Masken- und Kostümbildnerin sowie wandelbaren Darstellerin. In ihrer zweiten Lebenshälfte fand Blumenschein vor allem in der Zeichnung eine starke Ausdrucksform. Es entstanden hunderte Porträts in einem flächigen, an Comic-Zeichnungen erinnernden Stil. Blumenschein verarbeitet darin Typen und Zeichen aus unterschiedlichen subkulturellen Szenen. Ihre Figuren sind oft androgyn und durch farbige Tattoos, schrille Outfits und einen Hauch von Glamour gekennzeichnet.
    Das zeichnerische Werk wird durch Fotografien von Ulrike Ottinger ergänzt, die Tabea Blumenschein in verschiedenen Filmprojekten und bei Fotoshootings zeigen. Ihr Rollenspektrum ist grenzenlos und hält sich an keine Geschlechternormen, Genres oder Epochen. Mit ihren Aufnahmen unterstreicht die Regisseurin die Schönheit und Ausdrucksfähigkeit ihrer Lebensgefährtin, mit der sie neun Jahre lang zusammenlebte. Auch nach ihrer Trennung blieben sie in Kontakt.
    Die Schau findet anlässlich der umfangreichen Schenkung von Werken Blumenscheins aus dem Besitz Ottingers an die Berlinische Galerie statt. Damit vertieft das Museum sein grundlegendes und beständiges Interesse an den Lebensleistungen von Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts.
    Die Ausstellung steht in der Tradition des Verborgenen Museums und wird ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds (HKF).

    #BlumenscheinOttingerBG

    Frühwerk

    Während ihres Studiums an der Bodensee-Kunstschule Konstanz von 1968 bis 1972 experimentierte Tabea Blumenschein mit unterschiedlichen Techniken und Malweisen. Sie arbeitete unter anderem mit Feder, farbiger Tusche und Goldpapier. Stilistisch bewegte sie sich in ihrem Frühwerk zwischen Surrealismus, Volkskunst und Pop Art. Das Einbinden von Schriftbild und Erzählungen lässt sich im Werk der Künstlerin über die Jahre hinweg als Prinzip erkennen.
    Blumenschein fertigte viele Porträts von Ulrike Ottinger an. Die üppige Lockenfrisur ihrer Freundin bot Anlass für kleinteilige Wellen und Muster. Zudem schmückte Blumenschein die farbenprächtigen Bildnisse reich mit Engelsköpfen, Vögeln, Blumen und Sternen. Bisweilen erinnern diese Bilder mit ihrer überbordenden Pracht an christliche Ikonen.

    Handkolorierte Fotografien

    In ihrer Berliner Altbauwohnung führten Ulrike Ottinger und Tabea Blumenschein regelmäßig nächtliche Fotosessions durch. Gemeinsam erprobten sie auf diese Weise Themen und Figuren, an denen Ottinger in ihren Drehbüchern arbeitete. Durch Licht, Umgebung und Wahl der Kostümierung wurden verschiedene Stimmungen erzeugt. Die Verkleidung fand Ulrike Ottinger in Stofflagern und Altkleiderläden. Tabea Blumenschein arrangierte diese zu Outfits und posierte vor der Kamera.
    Einige der dabei entstandenen Fotografien kolorierte Blumenschein von Hand, wobei sie die Farbe lasierend oder akzentuierend auftrug. In diesem Verfahren zeigt sich eine weitere Ebene des künstlerischen Zusammenspiels.

    Deutschlandbilder

    Blumenscheins Obsession mit dem „Deutschsein“ schlägt sich vor allem in der ersten Hälfte der 1990er Jahre nieder, also in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung. Von da an wird das Motivfeld „Deutschland“ in wechselnden Variationen ein fester Bestandteil ihrer Bildwelt.
    Die Zeichnungen kommen mit wenig Ornamentik aus und sind schnell zu überblicken. Sie zeigen Blumenscheins Begeisterung für deutsche Sagen und Märchen sowie Klischees deutscher Kultur, wie etwa das Münchner Oktoberfest. So kommt sie zu ihrer eigenen Auslegung des Begriffs „Heimat“. Tabea Blumenschein lebte zeitweilig obdachlos und kam in sozialen Einrichtungen unter.

    Die Schönen

    Zwischen 1988 und 1990 perfektionierte Tabea Blumenschein das Motiv der reich attribuierten schönen Frau. Mal erscheint sie als Piratenkönigin mit knappem Leibchen, tätowierten Oberarmen und Zigarette im Mundwinkel, mal als Herrscherin, umringt von Totenköpfen und mit großen, schwarzen Giftspinnen auf dem feuerroten Gewand.
    Typisch für Blumenscheins Malweise sind starke Konturlinien und eine Vereinfachung der Figuren. Die Schönen sind reich ausgestattet durch zahlreiche Ornamente. Die kleinteilige Ausgestaltung der Flächen verlangt in der künstlerischen Ausführung Geduld und Zeit. Die Liebe zum Detail ist die Liebe zum Motiv.

    Bartfrauen

    In den letzten zehn Jahren ihres Lebens widmete sich Tabea Blumenschein wiederholt den „Bartfrauen“. Im 19. Jahrhundert wurden „bearded ladies“ als Anomalien in sogenannten Freak Shows auf Jahrmärkten ausgestellt. In der Mythologie werden sie als zwiegeschlechtlich angesehen. Blumenschein selbst verwandelte sich in zwei Filmen von Ulrike Ottinger in einen jungen Mann mit schmalem Bart, dem Menjoubärtchen. Doch bei den „Bartfrauen“ geht es nicht allein um den Rollentausch. Die faszinierende Vorstellung liegt eher darin, sowohl männlich als auch weiblich konnotierte Merkmale miteinander zu vereinen. So zeigen die „Bartfrauen“ von Blumenschein stolz ihre Brüste und ihre langen seidigen Bärte, die geflochten oder mit Schleifen geschmückt sind.

    Matrosen

    Ab 1990 zeichnete Tabea Blumenschein immer wieder Matrosen. Populäre Symbole wie Herzen, Anker oder bunte Disneyfiguren tummeln sich als Tätowierungen, auf Kleidungsstücken und auch im Hintergrund dieser Blätter. Die Gesichtszüge der Dargestellten variieren von zornig und aggressiv bis weich und freundlich.
    Die „Marines“ und „Sailors“ sind in ihrer Darstellung einer queeren Ästhetik entlehnt. Als Stereotyp finden sie sich seit den 1950er Jahren auch in der sogenannten „Beefcake Kunst“ wieder: durchtrainierte Männerkörper in verschiedenen Posen beflügeln dort homoerotische Fantasien. Blumenschein konfrontiert Hypermaskulinität mit einer femininen Seite.

    Exotismus

    Die Faszination für die Darstellung außereuropäischer Kulturen ist Bestandteil von Tabea Blumenscheins zeichnerischem Werk. Als Inspiration dienten ihr die gemeinsamen Filmprojekte mit Ulrike Ottinger und deren filmische Expeditionen in ferne Länder sowie gängige Fernsehformate.
    Auch für die Tagebücher des britischen Seefahrers James Cook (1728–1779) konnte sich Blumenschein begeistern. Der literarischen Vorlage folgend reiste Blumenschein gedanklich in die Südsee und schrieb zu den von ihr aufs Papier gebrachten Palmen, „Hawaiimädchen“ und Piraten kurze Geschichten. Bilder wie diese reproduzieren häufig Stereotypen und Klischees, die rassistisch geprägt sind.

Objekte

Resultate:  113

Ohne Titel (Selbstportrait als Wishham Girl)
  • undatiert
  • Tusche, Gouache, Goldfarbe, Silberpapier auf Karton
  • 65,7 x 50 cm (Blattmaß)
Ohne Titel (Portrait Ulrike Ottinger)
  • undatiert
  • Tuschfeder, Farbstift, Goldfarbe, Gouache, Silberlackstift auf Karton
  • 65 x 50 cm (Blattmaß)
Ohne Titel (Portrait Ulrike Ottinger)
  • 1974/75
  • Tusche, Farbstift, Goldlackstift, Goldpapier auf Karton
  • 65 x 50 cm (Blattmaß)
Ohne Titel (Frauenbildnis)
  • undatiert
  • Filzstift, Gouache auf Papier, Einfassung mit Lebkuchengebäck beklebt, Papierfransen
  • 22 x 16 cm (Bildmaß)
Weißbartlangur, Presbytis Senex Nestor
  • undatiert
  • Filzstift, Farbstift auf Papier, Einfassung mit Transparentpapier, Deckweiß, Erdnüsse
  • 21 x 29,5 cm (Bildmaß)
Ohne Titel (Red Queen)
  • 1989
  • Kreide über Filzstift auf Zeichenkarton
  • 41,8 x 29,6 cm (Blattmaß)
Ohne Titel (Liegende Schönheit)
  • 1991
  • Kreide über Fineliner, Gold- und Silberlackstift auf Zeichenkarton
  • 50 x 70 cm (Blattmaß)
Funny Fairy Barbie
  • 2017
  • Kreide über Fineliner, Gold- und Silberlackstift, Gold- und Silberstift, Digitaldruck auf Papier
  • 42 x 29,7 cm (Blattmaß)
Crocodile Dundee
  • 1994
  • Kreide über Fineliner, Sticker auf Papier (CA Grain Chanson)
  • 64,9 x 49,9 cm (Blattmaß)
Ohne Titel (Höllenbraut)
  • 1988
  • Gouache über Filzstift, Silberfarbe auf rotem Karton mit wellenförmigem Umriss
  • 87 x 48 cm (Außenmaß)
I moag di! Hofbräu
  • 2012
  • Kreide über Fineliner, Gold- und Silberlackstift auf Papier
  • 50 x 35 cm (Blattmaß)
Herzl Love
  • 2012
  • Kreide über Fineliner, Gold- und Silberlackstift auf Papier
  • 50 x 35,1 cm (Blattmaß)