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Euphorion Kunsthandlung
  • © Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
  • Repro: Berlinische Galerie
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EUPHORION
EUPHORION KUNSTHANDLUNG

Adresse: BERLIN, Preussen/Provinz Brandenburg (Berlin), Fasanenstrasse 85
Inhaber: Euphorion-Verlag G. m. b. H.
Geschäftsführer: Dr. Abraham Horodisch (1920-1924), Siegfried Pfankuch (1920-1927), Hubert Baumgärtel (1922-1925), Dr. Ernst Rathenau (ab 1922)
Bestand: 1920-1935 (Verlag), 1922-1924 (Kunsthandlung)
Charakteristik: Verlag, Kunstverlag, Kunsthandlung
„Zweck des Verlags ist die Herausgabe schöngeistiger und philosophischer Werke in buchkünstlerisch u. buchtechnisch einwandfreier Ausstattung und moderner Graphik“ (Adressbuch für den Berliner Buchhandel 1925, S. 43-44); „Schöne Literatur, Kunst-Literatur, Bibliophilie, Originalgraphik“ (Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1926, S. 167)

Ausstellungen:
1922: „Handzeichnungen von Menzel und Künstlern unserer Zeit“ (dabei u. a. Lovis Corinth, Lyonel Feininger, Willy Jaeckel, Käthe Kollwitz, Max Liebermann, Adolph Menzel, Hermann Struck, Magnus Zeller); Klaus Richter (Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik)
1923: Carl Albrecht; Artur Degner (Gemälde, Aquarelle, Handzeichnungen), Max Beckmann (Neue Graphische Arbeiten); Paul Kleinschmidt (Gemälde, Aquarelle, Handzeichnungen), Jussuf Abbo (Neue Graphische Arbeiten); Erik Richter, Georg Ehrlich (Gemälde, Zeichnungen, Graphik); Georg Alexander Mathéy (Gemälde, Aquarelle, Handzeichnungen, Graphik, illustrierte Bücher); Moderne Graphik (dabei u. a. Lovis Corinth, Willi Geiger, Ludwig Meidner, Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff ); „Darmstädter Realkubisten“ (Elisabeth Freund-Fischer, Philipp Pfeifer, Gerhard Prangel), August Wilhelm Dressler (Graphik), Siegfried Sebba (Gemälde)
1924: Bernhard Kretzschmar (Gemälde und Graphik); Georg Walter Rößner (Gemälde, Handzeichnungen, Graphik, illustrierte Bücher); Henri de Toulouse-Lautrec

Verlag:
Die Geschichte des Verlages findet hier keine umfassende Darstellung, da der Mitbegründer Abraham Horodisch diese 1969 veröffentlichte (Horodisch 1969). Allerdings hat sich Horodisch in seinem Aufsatz lediglich mit dem Buchverlag auseinandergesetzt. Weder die umfangreiche Graphikproduktion noch die Ausstellungstätigkeit wurden dargestellt.

Mappenwerke von Jussuf Abbo, Lovis Corinth, Willi Geiger, Rudolf Großmann, Arthur Grunenberg, Klaus Richter, Rudolph Saudek, Jacob Steinhardt, Lesser Ury

Radierungen, Holzschnitte, Lithographien von Jussuf Abbo, René Beeh, Joseph Budko, Lovis Corinth, Georg Ehrlich, Marcel Frischmann, Willi Geiger, Rudolf Großmann, Willy Jaeckel, Paul Kleinschmidt, Julius Kroll, Alfred Kubin, Ludwig Meidner, Felix Meseck, Otto Müller, Heinrich Nauen, Max Pechstein, Klaus Richter, Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff , Julius Wolfgang Schülein, Richard Seewald, Jacob Steinhardt, Hermann Struck, Rahel Szalit-Marcus, Max Unold, Lesser Ury, Friedrich Winkler-Tannenberg, Magnus Zeller

Bücher mit Originalgraphik von Marcus Behmer, Joseph Budko, Fritz Helmut Ehmcke, Willi Geiger, Hildegard Henning, Willy Jaeckel, Hans Meid, Klaus Richter, Karl Rössing, Karl Schmidt-Rottluff, Wilhelm Schocken, Richard Seewald, Jan Tschichold, Magnus Zeller

Die Schaffenden. Eine Zeitschrift in Mappenform. Jg. 4, 1923 bis Jg. 8, 1933

Bemerkung:
Der „Euphorion-Verlag Dr. Abraham Horodisch & Siegfried Pfankuch“ wurde am 1. August 1920 in Berlin-Wilmersdorf, Prinzregentenstrasse 7 als bibliophiler Verlag gegründet.
Dr. Abraham Horodisch (1898-1987) war Buchwissenschafter und in zahlreichen Bibliophilengesellschaften engagiert, Siegfried Pfankuch (1883-1956) war Buchgestalter und ehemals künstlerischer Berater des Reclam-Verlages in Leipzig. 1922 traten Hubert Baumgärtel und Dr. Ernst Rathenau (1897-1986) in den Verlag ein und es erfolgte eine Änderung der Gesellschaftsstruktur (Umbenennung in „Euphorion-Verlag G. m. b. H.“), verbunden mit einer Verbreiterung des Programms durch eine Graphikproduktion. „Bei der Ausweitung der Verlagstätigkeit durch Aufnahme vom Blattgraphik erwies sich die Kapitalbasis als zu schmal, und wir fanden in Ernst Rathenau einen kunst- und buchbegeisterten jungen Mitarbeiter, dem seine finanziellen Umstände ermöglichten, sich am Euphorion Verlag mit Arbeit und Geld zu beteiligen, ohne auf die Erträgnisse angewiesen zu sein.“ (Horodisch 1969, S. 111)
In der Folge zog der Verlag in die Fasanenstrasse 85 nächst dem Bahnhof Zoo und erweiterte im Herbst 1922 seine Geschäftstätigkeit durch Eröffnung der „Euphorion Kunsthandlung“ „im angenehmen Raum einer Gartenvilla“ (Das Kunstblatt. H. 12 v. Dezember 1922, S. 544) und annoncierte seine „Erste Ausstellung Moderner Kunst. Handzeichnungen von Menzel und Künstlern unserer Zeit“ (Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1922, S. 139).
Das Ausstellungsprogramm konzentrierte sich keineswegs ausschliesslich auf die im umfangreichen Graphikprogramm des Verlages vertretenen Künstler, sondern zeigte beispielsweise auch den Königsberger Maler Carl Albrecht, den Maler und Graphiker Artur Degner, Neue Graphik von Max Beckmann, die Maler und Graphiker Erik Richter, Bernhard Kretzschmar, Georg Walter Rößner, Georg Alexander Mathéy und Siegfried Sebba sowie die „Darmstädter Realkubisten“ Elisabeth Freund-Fischer, Philipp Pfeifer, Gerhard Prangel.
Die Gründe für die Einstellung der Ausstellungen mit Frühjahr 1924 (im August folgte noch eine
Ausstellung mit Graphiken und Plakaten von Henri de Toulouse-Lautrec) und damit das Ende der „Euphorion Kunsthandlung“ sind unbekannt. Eine mögliche Erklärung bietet Abraham Horodisch: „Die Verlagsgeschäfte gingen in den Jahren 1922 und 1923 gut - es war die Zeit der galoppierenden Inflation, in der alles, was als ‚Sachwert’ angesehen wurde, reißenden Absatz fand. Anfang 1924 änderte sich freilich das Bild. Die Inflation war zu Ende, die Inflationskäufer blieben aus, das Geld wurde auch bei wirklichen Bibliophilen knapp, und es wurde mir bald klar, daß die Weiterführung des Verlages allein mit bibliophilen Büchern und hochwertiger Graphik geschäftlich aussichtslos war. Mit meinen Vorschlägen, den Verlag auf eine andere Basis zu stellen, drang ich nicht durch […]. Da Rathenau der bei weitem kapitalkräftigere war, blieb mir nichts anderes, als […] auszutreten.“ (Horodisch 1969, S. 111-112)
Abraham Horodisch gründete am 1. 7. 1924 mit Moses Marx den Verlag „Horodisch & Marx“, der bis 1933 bestand. Als Jude wurde Horodisch in die Emigration nach Amsterdam getrieben, wo er als Buchhändler, Verleger (Erasmus) und Buchwissenschafter wirkte.
Hubert Baumgärtel schied 1925 als Geschäftsführer aus, Siegfried Pfankuch 1927.
Alleininhaber wurde Ernst Rathenau. Er „war ein über die Maßen engagierter Kunstmäzen. Er war davon besessen, Kunstwerke zu sammeln, andere zum Sammeln anzuregen, Malereditionen herzustellen und zu verkaufen“ (Die Schaffenden 1984, S. 30).
Rathenau der mehrmals von „seinen“ Künstlern portraitiert wurde (u. a. von Ludwig Meidner, Lesser Ury, Rudolf Großmann und Erich Büttner) übernahm vom Verlag Kiepenheuer die von Paul Westheim herausgegebene Graphikedition „Die Schaffenden. Eine Zeitschrift in Mappenform“. Diese „einzige periodische Publikation in Mappenform verfolgt […] das Ziel, die Verbindung aufrecht zu erhalten zwischen dem Sammler und den graphischen Künstlern unserer Tage, und zwar sowohl den bereits anerkannten führenden Vertretern der modernen Kunstbewegungen, wie auch jüngeren Kräften, von derem zukunftsreichem Talent sich der Subskribent durch Augenschein überzeugen soll.“ (Subskriptions-Prospekt zum 4. Jahrgang Die Schaffenden).
1930 gründete er an der Adresse des Euphorion-Verlages den „Ernst Rathenau Verlag“, der bis zum Verbot 1933 die Zeitschrift „Museum der Gegenwart“ verlegte. 1935 erschien als letzter Band „Kokoschka Handzeichnungen“.
Im Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1936 sind der „Euphorion-Verlag“ und der „Ernst Rathenau Verlag“ nicht mehr enthalten. Rathenau emigrierte nach New York, wo er den Verlag „Ernest Rathenau“ betrieb und sich weiter für die von ihm geschätzten Künstler einsetzte.

Nachweise:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Adressbuch für den Berliner Buchhandel; Handbuch des Kunstmarktes 1926

Euphorion Verlag. Bücher, Mappenwerke, Graphik. (Katalog März 1923)
Fritz Homeyer: Deutsche Juden als Bibliophile und Antiquare. 2., erweiterte und verbesserte Auflage.- Tübingen 1966
Abraham Horodisch: Der Euphorion Verlag.- in: Imprimatur. Neue Folge Band VI. Frankfurt am Main 1969, S. 105-112
Die Schaffenden. Eine Auswahl der Jahrgänge I bis III und Katalog des Mappenwerkes.- Leipzig, Weimar 1984
Europäische Moderne. Buch und Graphik aus Berliner Kunstverlagen 1890-1933.- Berlin 1989 (zu Euphorion Verlag: S. 264-265).