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Kunsthandlung Hugo Perls
  • © Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
  • Repro: Berlinische Galerie
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PERLS, Hugo
HUGO PERLS

Adresse: BERLIN, Preussen/Provinz Brandenburg (Berlin), Margaretenstrasse 8 III (1919-1922); Bellevuestrasse 10 (1923-1931)
Inhaber: Hugo Perls
Mitarbeiter: Käte Perls
Bestand: 1919-1931
Charakteristik: Kunsthandlung
„Hugo Perls. Berlin W 9, Bellevuestr. 10. Moderne und alte Gemälde ersten Ranges. Impressionisten. Hochwertige Antiquitäten“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Aprilheft 1923, S. 360)

Ausstellungen:
1923: Eröffnungsausstellung mit Werken von u. a. Arnold Böcklin, Lovis Corinth, Gustave Courbet, Edgar Degas, Max Liebermann, Claude Monet, Alfred Sisley, Hans Thoma; „Romantiker und Nazarener” (Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen); Gemälde von u. a. Camille Corot, Auguste Renoir, Camille Pissarro
1924: Thomas Rowlandson; Gemälde von u. a. Paul Cézanne, Eugène Delacroix, Paul Gauguin, Pablo Picasso, Alfred Sisley
1925: „Von Delacroix bis Picasso. Hundert Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen französischer Meister des XIX. Jahrhunderts“
1926: „1850-1925. Fünfundsiebzig Jahre klassischer deutscher Malerei“
1927: „Französische Malerei des XIX. Jahrhunderts“
1928: „Ausstellung altdeutscher und altniederländischer Gemälde“

Bemerkung:
Der aus Oberschlesien stammende Hugo Perls (1886-1977) studierte Jura, Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten Freiburg und Berlin und trat als Jurist in den Staatsdienst (Auswärtiges Amt). Bevor er sich als Kunsthändler etablierte, war er bereits engagierter Sammler. Perls besass u. a. eine grosse Graphiksammlung, darunter mehr als 300 Blätter von Edvard Munch, bereits 1913 trat er als Leihgeber eines Picassobildes bei der Ausstellung in der Münchner Galerie -> THANNHAUSER auf. Gleichzeitig betätigte er sich aber auch schon als „marchand amateur“, der beispielsweise seine Graphiksammlung (dabei 200 Blätter von Edvard Munch) 1914 an die Kunsthandlung -> ARNOLD in Dresden verkaufte. (Hugo Perls 1962, S. 27, 31; Edvard Munch 1987, S. 475-477).
Der Beginn seines Kunsthandels ist mit etwa 1919/1920 anzusetzen. Perls quittierte den Staatsdienst und begann seine Tätigkeit in seiner Wohnung in der Margaretenstrasse 8, 3. Stock. „Herr Perls, der sich gehäutet hat und aus einem Referendar Kunsthändler wurde“ (Max Linde an Edvard Munch, 5. 5. 1921.- in: Edvard Munchs Brev 1954, S. 67).
1923 eröffnete er eine Galerie in der Bellevuestrasse 10. Worauf Karl Scheffler mit der Bemerkung „in den lustigen unterirdischen Ausstellungsräumen“ (Kunst und Künstler. H. 11 v. August 1923, S. 332) anspielte, ist unbekannt.
„Perls [zeigt] wieder eine große Kollektion von Bildern deutscher Meister, aus der eminente Stücke von Böcklin, Thoma u. a. hervorragen, ferner Corinth, Liebermann usw. Unter den französischen Meistern sind Courbet, Degas, Monet, Sisley u. a. in stattlicher Zahl von Qualitäten vertreten.“ (Der Kunstwanderer. 1. Aprilheft 1923, S. 340). Perls schreibt in seinen Erinnerungen: „Zwar war ich nur von Ende 1923 bis Ende 1930 ein richtiger Kunsthändler mit einer Galerie, in der Künstler ein- und ausgingen. Doch ist auch mir der Vorwurf nicht erspart geblieben, daß ich mich nur für tote Künstler interessiere. Die Anklage war unberechtigt, denn Picasso, Munch, van Dongen und viele andere, für die ich mich einsetzte, waren am Leben […]. Die Porträts meiner Kinder konnten nur lebende Maler und Bildhauer gemacht haben.“ (Hugo Perls 1962, S. 78)
Zu den Künstlern, die Perls und seine Familie portraitierten gehörten neben Edvard Munch (Edvard Munch 2003) auch Josef Scharl (Andrea Firmenich 1999).
Mit der Erwähnung der Künstler der Eröffnunsgsausstellung ist das „Programm“ der Galerie bereits umrissen: Deutsche und französische Kunst des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Entsprechend auch die Verkäufe der Galerie an Sammler und Museen wie beispielsweise das Ölbild „Die Gefilde der Seligen“ von Arnold Böcklin an den Sammler Oskar Reinhart in Winterthur (Franz Zelger 1977, Nr. 40) oder ein Blumenstilleben von Lovis Corinth aus dem Jahr 1922 an die Österreichische Galerie in Wien (Die Neue Galerie 1966, Nr. 19). Hugo Perls trat aber auch als Donator der Berliner Sammlungen auf: Der Nationalgalerie schenkte er 1926, zu Ludwig Justis 50. Geburtstag, fünf Teile eines Wandbildes von Max Pechstein, mit denen das Speisezimmer des 1911 von Ludwig Mies van der Rohe erbauten Wohnhauses von Perls ((Fritz Neumeyer 1989) geschmückt war (Kunst in Deutschland 1992, Nr. 413), dem Kupferstichkabinett widmete der Kunsthändler beispielsweise fünf Radierungen von Camille Pissarro (Berliner Museen. H. 3, 1929, S. 57).
Neben dem wechselnden Kunsthandelsangebot wurde einmal jährlich eine Sonderausstellung, begleitet von einem Katalog, veranstaltet, beispielsweise 1925 „Von Delacroix bis Picasso“ und 1926 „1850-1925. Fünfundsiebzig Jahre klassischer deutscher Malerei“, eine „sehenswerte Schau moderner Qualitätsmalerei“ (Der Kunstwanderer. März 1926, S. 291). Diese Ausstellung dürfte teilweise in Zusammenarbeit mit der -> GALERIE ARNOLD in Dresden veranstaltet worden sein, wo Ende des Jahre 1925 die Schau „Deutsche Malerei im XIX. Jahrhundert“ gezeigt wurde.
Die letzte Sonderausstellung fand 1928 unter dem Titel „Altdeutsche und altniederländische Gemälde“ statt, „eine gewählte Schau, die in den intimen Räumen wie eine Sammlung eines geschmackvollen Liebhabers wirkt.“ (Kunst und Künstler. H. 5 v. Februar 1928, S. 204)
Perls übersiedelte 1931 nach Paris, wo er sich vor allem mit philosophischen Studien (Plato) befasste, während seine Ehefrau Käte Perls, geborene Kolker (1889-1945) die „Galerie Käte Perls“ betrieb. Die Söhne Franz (Frank) Richard Perls (1910-1975) und Klaus Günther Perls (geb. 1912) wurden ebenfalls Kunsthändler: Klaus eröffnete mit seiner Mutter Käte Perls die New Yorker „Perls-Galleries“ 1937, Frank 1939 einen Kunsthandel in Beverly Hills. 1941 emigrierten Hugo und Käte Perls von Paris nach New York.

Nachweise:
Maecenas 1927; Maecenas 1930

Edvard Munchs Brev fra dr. med Max Linde.- Oslo 1954
Hugo Perls: Warum ist Kamilla schön? Von Kunst, Künstlern und Kunsthandel.- München 1962
Die Neue Galerie des Kunsthistorischen Museums Wien.- [Wien 1966]
Franz Zelger: Stiftung Oskar Reinhart Winterthur. Band 1: Schweizer Maler des 18. und 19. Jahrhunderts.- Zürich 1977
Edvard Munch. Gustav Schiefler. Briefwechsel. Band 1. 1902-1914. Bearbeitet von Arne Eggum […].- Hamburg 1987
Verena Tafel: Kunsthandel in Berlin vor 1945.- in: Kunst Konzentriert 1987.- Berlin 1987. S. 195-224; zu Perls S. 216
Fritz Neumeyer: Aus Freude an Schinkel. Das Haus Perls in Berlin-Zehlendorf von Ludwig Mies van der Rohe.- in: Architektur-Experimente in Berlin und anderswo. Für Julius Posener zum 85. Geburtstag. Hrsg. v. Sonja Günther.- Berlin 1989, S. 172-181
Kunst in Deutschland 1905-1937. Die verlorene Sammlung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais. Dokumentation. Ausgewählt und zusammengestellt von Annegret Janda und Jörn Grabowski.- Berlin 1992
Andrea Firmenich (Hrsg.) Josef Scharl. Monographie und Werkverzeichnis.- Köln 1999
Edvard Munch: Käte und Hugo Perls, 1913.- Berlin 2003 (Patrimonia 229)
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