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Brief von Raoul Hausmann an Hannah Höch, Berlin-Steglitz
  • © Unterliegt nicht dem Urheberrechtsschutz
  • Repro: Anja Elisabeth Witte
    • Raoul Hausmann (1886 - 1971)

  • TitleBrief von Raoul Hausmann an Hannah Höch, Berlin-SteglitzBriefkopf: Club-Dada
  • Date21.09.1918
  • CategoryKorrespondenz
  • ClassificationBrief
  • MaterialPapier, handgeschrieben
  • Amount4 Blatt
  • FondsNachlass Hannah Höch
  • Inventory NumberBG-HHC K 763/79
  • Other NumberBG-HHE I 10.102
  • CreditlineErworben aus Mitteln des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, 1979
  • TermsBrief, Korrespondenz, 2.1.1 an den Nachlasser (pK), Deutschland / Berlin, Nachlass Hannah Höch
  • On DisplayNo
Transcription / Description
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„21. Sept. 18 Hannah
ich will, daß Du das Buch Heidebrink liest und behältst. Und ich will, daß zwischen uns wenigstens Gedanken der Ehrfurcht herrschen - ich will Dich nicht verkleinern, aber Du darfst auch mir nicht schreiben: mit Deinen Gefühlen triebest Du keinen Scherz. Ich habe mit meinen und Deinen Gefühlen nie Scherze getrieben. Aber Du bist Idealist - ich bin Realist. Und nun sage ich: siehe dieses alles ist der Körper - und nun sage ich: dies ist die Seele! - Die Reinheit unserer Körper ist die Reinheit unserer Seele; ich frage Dich: war ich Deinen Sinnen je unrein? Und ich frage Dich nochmals: machte nicht unser Körper unser Bestes aus? Und könntest Du jemals einen ändern Mann umarmen, nach mir? Wie ich das auch nicht könnte? Bin ich Dir nicht als Vater Deines Kindes erschienen? Und nun verlange ich aus meinem Stolz und meinem guten Gewissen und aus meiner Herrlichkeit heraus, daß Du prüfst, ob Du gezwungen warst,mich einen Tag lang freiwillig zu belügen! Du mußtest, wenn Du nicht mehr sprechen konntest schweigen, und mich unbeirrt die wirkliche Entscheidung treffen lassen: aber Du hast mich freiwillig und absichtlich getäuscht und beirrt. Habe ich Dich an jenem Montag nicht ioomal gefragt: wirst Du auch wirklich in Berlin für mich da sein? Kann ich das glauben? Und ich schwöre Dir, hättest Du nicht gelogen - ich wäre geblieben. Zu dieser Lüge hattest Du kein Recht - das mußt Du erkennen. Du hast mich schuldig gemacht, um unschuldig zu sein - an dem Willen zur Askese in Dir - aber Du hast gelogen! Mich - konntest Du belügen, aber nicht Dein Kind; so wie ich an das Ungeborne dachte, noch auf der Fahrt - so mußtest Du daran denken. Du hast mich durch die Lüge schwach gemacht! Hier bist Du schuldig! Wenn Du nur groß genug wärst zu sehen, daß ich Dir treu bin - sein muß.
Denke daran, daß Du mir sagtest, du wolltest mich immer lieb behalten - dann handle auch danach und lese, was ich Dir zu schreiben habe. Aber schon in Deinem Brief nach Osterholz ist Haß - und so bleibst Du niemals bei Deinen eignen Worten. Als Du mir am Sonntag in Heidebrink sagtest: dies ist die Wahrheit - da sagte ich Nachts: ich werde nicht fahren. Aber laß mir Zeit drüber weg zu kommen. Warum hast Du dann lügen müssen? Etwa Deines Kindes wegen? Ist das Deine Reinheit? Daß Du logst, lügen mußtest? Ich wollte bleiben. Von selbst, wie ich auch das erste mal aus Stettin wiederkam. Wenn das liebbehalten lautre Wirklichkeit sein soll - dann prüfe meine Taten und Deine Taten nochmals!“