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Brief von Ida Bienert an Hannah Höch. Oberwiesenthal i. Erzgebirge
  • © Unterliegt nicht dem Urheberrechtsschutz
  • Repro: Anja Elisabeth Witte
    • Ida Bienert (1870 - 1966)

  • TitelBrief von Ida Bienert an Hannah Höch. Oberwiesenthal i. ErzgebirgeBriefkopf: "SPORT-HOTEL OBERWIESENTHAL I. ERZGEB. [...]".
  • Datierung03.01.1928
  • GattungKorrespondenz
  • SystematikBrief
  • MaterialPapier, handgeschrieben
  • Umfang2 Blatt
  • KonvolutNachlass Hannah Höch
  • InventarnummerBG-HHC K 890/79
  • Andere NummerBG-HHE II 28.1
  • CreditlineErworben aus Mitteln des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, 1979
  • BezügeBrief, Korrespondenz, 2.1.1 an den Nachlasser (pK), Nachlass Hannah Höch
  • AusgestelltNein
Transkription / Beschreibung
Weitere Abbildungen

"Meine liebe Hannah,
heut eine Schlittenfahrt nach dem Keilberg, diese großen, klaren und einfachen Linien, es ist schön.
Liebe Hannah, wie geht es Ihnen? Hoffentlich haben Sie die böse Krankheit vom letzten Sommer ganz vergessen, nehmen hoffentlich noch ein paar gute Vorsichten u sind damit geschützt. Ich dachte oft u immer mit dem dringenden Wunsch an Sie, daß es Ihnen ganz prachtvoll gehen möchte!
Durch die schwierigen Verhältnisse in unsrer Familie kam ich wenig heraus. Aber ein Theaterabend in Berlin hinterließ mir große Eindrücke: Hoppla, wir leben von Toller [1], Regie Piscator. Und ich glaube, man kann sagen es ist der Piscator.
Es ist ein ganz neuer Törn der Theater, Verbindung von Film u Theater - u wie heut bei allen Dingen, es sind Weltanschauungsfragen, es ist eine neue Weltanschauung, die sich verbreitet, die dahinter steht. Und wenn man selbst diesen Dingen nahe steht, so lassen einen diese Fragen nicht los. Es ist merkwürdig, wie ich immer von neuen Sachen gepackt bin u zwar immer in derselben Richtung. Und immer muß ich alles, was ich innerlich erlebe, in meinem Hause umsetzen. So ist die Farbe im Eßzimmer, von der ich gestern Till berichtete, einfach ein Schritt zur Leichtigkeit, zur Vereinfachung, zum Schwingen. Die Halle wirkt nun freilich umso schwerer, aber für die Halle war ich jetzt nicht wohl genug, nicht frisch genug. Aber der Marek ist eingezogen u wirkt außerordentlich.
Wie geht es Ihnen? Was arbeiten Sie? Ich bin so sehr, sehr gespannt, was Sie jetzt für Pläne haben. Am liebsten käme ich selber einmal zu Ihnen zu einer langen Plauderstunde.
Ich wünsche mir sehnlich einmal heraus aber im Augenblick ist wohl gar keine Aussicht. Ob es im März gehen wird, ist auch nicht sicher. Aber ich wünsche es mir dringend. Und ich wünsche mir lebhaft, daß ich Sie u Till dabei sehen könnte, falls Sie beide Lust haben.
Wo mögen Sie Weihnachten gewesen sein? In London oder Paris!
Tragen Sie mir nicht nach, daß ich so lange nicht schrieb, u erzählen Sie bald einmal, was Sie treiben, was Sie beide tun.
Am 7ten bin ich wieder zu Hause, dann werden wir in Dresden sehr schöne Ausstellungen haben, erst Klee, dann Feininger. Natürlich in der Fides. Was gibts Neues in Holland? Neue Bauten? Hatten Sie schon eine Ausstellung von Ihren Bildern? Nun schließ ich für heute. Von ganzem Herzen Grüße an Sie u Till,
Ihre
I. B. [handschriftlich von Hannah Höch: "Ida Bienert"]"


[1] Ernst Toller (1893-1939), Schriftsteller, Publizist, Politiker und Hauptvertreter eines expressionistisch-aktivistischen Theaters.