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Kunsthandlung Hugo Graetz
  • © Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
  • Repro: Berlinische Galerie
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GRAETZ
HUGO GRAETZ
KUNSTHANDLUNG GRAETZ
KUNSTHANDLUNG HUGO GRAETZ

Adresse: BERLIN, Preussen/Provinz Brandenburg (Berlin), Achenbachstrasse 21 (1923-1931); Hildegardstrasse 13b (1931-1933)
Inhaber: Hugo Graetz
Bestand: 1923-1933
Charakteristik: Kunsthandlung
„Hugo Graetz. Kunsthandlung. Berlin W 50 Achenbachstr. 21. Fernspr.: Pfalzburg 9674. Campendonk, Davringhausen, Feininger, Heckel, Nolde, Pechstein, Radziwill, Steinhardt u. A. Gemälde. Graphik“ (Anzeige in: Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 31/32 v. 4./11. 5. 1923, Umschlagseite 3; Nr. 33/34 v. 18./25. 5. 1923, Umschlagseite 3; Nr. 45/46 v. 10./18. 8. 1923, S. X; Nr. 47/48 v. 7./21. 9. 1923, S. IX); „Kunsthandlung Graetz. [Berlin] W 50, Achenbach-Strasse 21. Fernspr.: Pfalzburg 9674. Ausstellung Campendonck [!], Feininger, Fritsch, Heckel, Nolde, Pechstein, Steinhardt u. a.“ (Anzeige in: Berliner Secession. 46. Jahresausstellung 1924, Anzeigenseite); „Die Kunsthandlung Hugo Graetz befindet sich jetzt Bln.-Wilmersdorf, Hildegardstr. 13b. Fernruf Brabant H 5 4064. Werke führender Künstler, Bilder, Aquarelle, Graphik, Zeichnungen, Mappen u. s. w.“ (Umzugsanzeige von Michel Fingesten [1931], Kunstarchiv Werner J. Schweiger, Wien)

Ausstellungen:
1923: Eröffnungsausstellung mit Werken von u. a. Heinrich Campendonk, Charles Crodel, Heinrich Maria Davringhausen, Lyonel Feininger, Friedrich Feigl, Erich Heckel, Willy Robert Huth, Emil Nolde, Max Pechstein, Franz Radziwill, Martel Schwichtenberg, Jacob Steinhardt
1924: Heinrich Campendonk, Lyonel Feininger, Ernst Fritsch, Erich Heckel, Emil Nolde, Max Pechstein, Jacob Steinhardt
1931: Heinrich [Henoch] Barczynski

Bemerkung:
Hugo Graetz, Bruder des Berliner Industriellen und Kunstsammlers Robert Graetz, wohnte seit etwa 1919 in einer Villa in der Achenbachstrasse 21 und wird im Berliner Adressbuch als „Kaufmann“ bezeichnet. Dass Hugo Graetz bereits vor der Eröffnung seiner Kunsthandlung 1923 zahlreiche Kontakte zu Künstlern hatte, belegen beispielsweise das Portrait von Jacob Steinhardt aus dem Jahr 1919 (Abb. in: Arno Nadel 1920, S. 47), und ein 1920 geschaffenes Bildnis von Ludwig Meidner (Abb. in: Helga Kliemann 1969, Abb. 2, S. [147]) sowie seine Freundschaft zu Michel Fingesten, der bereits seit 1913 zahlreiche Exlibris für Hugo und Trude Graetz schuf (Norbert Nechwatal 1984; Ernst Deeken 2000). Ein weiteres Portrait des Kunsthändlers schuf Heinrich Maria Davringhausen, das 1924 in der Berliner Secession ausgestellt war. (46. Jahresausstellung 1924, Kat. Nr. 14 mit Abb. S. 15; Dank an Stefan Pucks, Bergfelde, für den Hinweis)
Anfang der Zwanzigerjahre wurde Graetz Geschäftführer der „Novembergruppe“, deren erste Ausstellung 1919 bei -> FRAENKEL & CO. (JOSEF ALTMANN) stattfand. Ab etwa 1923 war auch die Geschäftsstelle der „Novembergruppe“ in den Räumen von Hugo Graetz untergebracht und unter seiner Telefonnummer erreichbar (Handbuch des Kunstmarktes 1926, S. 259). Auch fanden manche der von der Künstlervereinigung veranstalteten Konzerte in den Räumen der Galerie statt. Einer der Beteiligten, Hans Heinz Stuckenschmidt, erinnert sich an die erste Begegnung: „Es muß 1922 gewesen sein, daß ich in Berlin mit einem Gruß von [Karl Jakob] Hirsch an der Wohnung von Hugo Graetz klingelte und drinnen ehrfürchtig die nassen Leinwände vieler mir vertrauter Maler sah.“ (Brief vom 21. 2. 1968 an Helga Kliemann, abgedruckt in: Helga Kliemann 1969, S. 76)
Themen- oder Personalausstellungen dürften bei Hugo Graetz nicht stattgefunden haben, weshalb keine Kataloge oder Rezensionen bekannt sind. Seine Präsentationen der verschiedenen Künstler waren Verkaufsausstellungen.
Zu den Künstlern, die nach Information über die Eröffnungsausstellung und den wenigen bekannten Anzeigen bei Graetz 1923 und 1924 mit Werken vertreten waren gehörten u. a.
Heinrich Campendonk, Charles Crodel, Heinrich Maria Davringhausen, Lyonel Feininger, Friedrich Feigl, Ernst Fritsch, Erich Heckel, Willy Robert Huth, Emil Nolde, Max Pechstein, Franz Radziwill, Martel Schwichtenberg und Jacob Steinhardt.
Ein wichtiger Kunde dürfte wohl sein sammelnder (und ihn unterstützender) Bruder Robert Graetz gewesen sein, der seine ursprüngliche Sammlung von Impressionisten unter dem Einfluss seines beratenden Bruders auf die zeitgenössische Kunst ausweitete. Zahlreiche Künstler der Sammlung Robert Graetz wurden von Hugo Graetz ausgestellt und vertreten (Angelika Enderlein 2006, S. 211-213).
Von Hugo Graetz gibt es auch eine der seltenen schriftlichen Äußerungen zum Kunsthandel und Kunstmarkt der Zwanzigerjahre. Auf eine Umfrage der Zeitschrift „Das Kunstblatt“ über die „gegenwärtige Lage des Kunstmarktes, besonders der Absatzmöglichkeit für heutige Kunst, die Fortführung der Ausstellungen und die etwaige Rückwirkung auf das Kunstschaffen“ antwortete Graetz: „Der Kreis der Sammler und Kunstfreunde zeitgenössischer Kunst ist verhältnismäßig klein und die Produktion so groß, daß ein Unterbringen normalerweise schon schwierig war. Immerhin war durch eine große Geldflüssigkeit die Möglichkeit vorhanden, umsomehr als sich sichbarlich der anfangs sehr kleine Kreis durch gute Pionierarbeit stetig vergrößerte. Die Stockung auf dem Absatzgebiete wird sich in erster Linie auf die jüngeren Künstler erstrecken [… und es] ist zu befürchten, daß, falls die Krisis in noch steigendem Maße monatelang anhält, das erste Kunstschaffen stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Der Kunsthändler, welcher bisher demonstrativ auf junge Kunst eingestellt war, sieht sich genötigt, sogenannte Weltmarken aufzutreiben (Franzosen des 19. Jahrhunderts), da hier der Anschluß an den internationalen Markt gegeben ist. An Ausstellungen nur junger Künstler ist bei den hohen Betriebsspesen und den geringen Aussichten kaum zu denken […].“ (Wirtschaftslage 1923, S. 299-300)
Eine der letzten Ausstellungen in der Achenbachstrasse 21 dürfte 1931 dem polnischen Maler und Graphiker Henoch (Henryk) Barczynski gewidmet gewesen sein, worüber Willi Wolfradt kurz berichtete: „Heinrich Barczinski [!], bei Graetz in der Ansbacher [!] Straße, hat sich aus ostjüdischem Genre mit Chagall-Anklängen zu unbedingter, farbig profunder, warmleuchtender Malerei durchgefunden, deren Intensität auch in Zeichnungen und Radierungen widerhallt.“ Neue Revue. H. 2 v. Mai 1931, S. 124) Wenig später erfolgte die Übersiedlung der Galerie Graetz in die Hildegardstrasse 13b, Künstlerfreund Michel Fingesten zeichnete die Umzugsanzeige, auf deren Rückseite das Angebot von Graetz aufgelistet war: „Besichtigen Sie unverbindlich meinen Bestand an Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Graphik. Vertreten sind Arbeiten von: Lovis Corinth, Artur Degner, Aug. Wilh. Dreßler, Gino v. Finetti, M. Fingesten, George Grosz, Carl Hofer, Willy Jaeckel, B. Krauskopf, O. Kokoschka, Max Liebermann, Emil Nolde, Emil Orlik, Max Pechstein, Wilhelm Schmid, Schmidt-Rottluff , Jacob Steinhardt, Max Slevogt, Lesser Ury, Heinrich Zille u. a.“ (Kunstarchiv Werner J. Schweiger, Wien)
Ende 1933 konnte Hugo Graetz mit Hilfe seines Bruders Robert nach Palästina auswandern. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. 1984 tauchte auf einer Hamburger Auktion ein „Gästebuch Kunsthändler Graetz“ auf, das Einträge zwischen den Zwanzigerjahren und 1960 enthielt. Auch zahlreiche, von Graetz ausgestellte Künstler, hatten sich mit Zeichnungen verewigt, darunter Willy Robert Huth, Martel Schwichtenberg und Jacob Steinhardt (Moderne Kunst 1984. Nr. 8979).

Nachweise:
Dressler 1923; Handbuch des Kunstmarktes 1926; Maecenas 1927; Maecenas 1930

Arno Nadel: Jacob Steinhardt.- Berlin 1920
Wirtschaftslage und Aussichten des Kunstmarktes.- in: Das Kunstblatt. H. 10 v. Oktober 1923, S. 294-301
Helga Kliemann: Die Novembergruppe.- Berlin 1969
Norbert Nechwatal: Michel Fingesten 1884-1943. Das Graphische Werk.- [Kronach] 1984
Moderne Kunst. Gemälde, Zeichnungen, Graphik. Aus den ehemaligen Sammlungen Professor Dr. Edwin Redslob und anderer Besitz.- Hamburg: F. Dörling 1984. (Auktion 110. Teil 2)
Ernst Deeken: Exlibris von Michel Fingesten. Versuch einer vorläufigen Werkliste.- Wiesbaden 2000
Angelika Enderlein: Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Zum Schicksal der Sammlung [Robert] Graetz.- Berlin 2006
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