Transcription
"den 1. Januar 1922
Bester My, NO, na!
Ich hörte, dass Sie anlässlich unserer letzten Zusammenkunft in Anwesenheit O. F's. [1] sich äusserten, «diese Maler sollen malen, nicht philosophieren, das ist ein unerhörter Quatsch» - und ich stimme dem insofern zu, als weder von meiner noch von O. F's. Seite ein halbwegs vernünftiges Wort gesagt wurde. Im Gegenteil, einiges grenzete an P.h. Athologie etc, und ich will aus bestimmten Ursachen mich hier ausschweigen. Ich selbst habe aber den Wunsch, nachdem ich mich sehr viel und lange mit den modernen elektromagnetischen, optischen und atomistischen Hypothesen befasst habe [2], in einer quasi trockenen Unterhaltung von etwa 8 Stunden Länge mich mit Ihnen über Marcus, Goethe und Newton zu. Ja. Indem nämlich für das Licht vieles ganz genau ebenso gilt, wie für die Elektricität. Ich werde, wenn Sie nicht direkt mit dem Stocke abwinken, den Johannes Baader mitbringen, weil ich durch ihn Gelegenheit hatte, beträchtliche Kenntnisse auf obigem Gebiet zu erlangen und auch er rein wissenschaftlich sehr gut Bescheid weiss. Auf neue oder kosmische oder dadaistische Behauptungen werden wir keinen Wert legen - es handelt sich nur um die Aufklärungsversuche himmelschreiender Discrepanzen zwischen Philosophie und Naturwissenschaft womit ich Ihnen alles Gute
wünschend verbleibe Ihr
R. Hausmann
Friedenau, Büsingstr. 16"
[1] d. i. Otto Freundlich.
[2] s. BG-HHE II 21.72.