Briefentwurf von Raoul Hausmann an Oskar Moll mit Tuschfederzeichnung "Maske". Berlin, 2. Hälfte 1915
Raoul Hausmann
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Werkdaten
Inventarnummer
BG-HHC K 4525/79
Person / Körperschaft
Titel
Briefentwurf von Raoul Hausmann an Oskar Moll mit Tuschfederzeichnung "Maske". Berlin, 2. Hälfte 1915
Gattung
Untergattung
Material / Technik
Papier, handgeschrieben, Tuschfederzeichnung
Maße
Blattmaß: 30 x 33 cm
Blattmaß: 15 x 17 cm zusammengefaltet
Umfang
1 Blatt
Creditline
Erworben aus Mitteln des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
Erwerbsjahr
1979
Erwerbsart
Sammlung
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
Erwerbsjahr
1979
Erwerbsart
Kauf
Sammlung
Künstler*innen-Archive
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn
Texte
Transkription
Briefentwurf an Oskar Moll [1]
Auf der Rückseite: Raoul Hausmann: Maske. Tuschfederzeichnung.
„Sehr geehrter Herr Moll, ausgehend von dem nahen Ende der Gurlittschen[2] Beihilfe erinnere ich mich daran, daß Sie mir letzthin schrieben, Sie kennten mein Streben. Nun, mit diesem Streben bin ich unzufrieden, weil ich nicht in dem Umfang arbeiten kann, als ich möchte und müßte. Sie werden aus eigener Erfahrung wissen, wieviel man an Material = Geld verbraucht, wenn man einigermaßen regelmäßig arbeitet. Nun, würde ich auch nur 8 Tage viel arbeiten, d. h. hintereinander, dann wäre ich mit meinen gesammten Material zu Ende. Statt einer Menge Keilrahmen, Leinwand, Farben, vor allem aber Papier - habe ich so gut wie nichts. Käme hinzu, daß ich öfter Modell nehmen können müßte, als ich dies meine ganze Studienzeit hindurch tun konnte - dieser Tage sah ich einen famosen alten Kerl von Arbeiter; ich hätte ein Dutzend Zeichnungen und paar Bilder nach ihm machen wollen - hätte ich Geld. So bin ich aber verdammt, aus jeder meiner wenigen Leinwände eben auf jeden Fall ein Bild zu machen - sollte das nicht in den meisten Fällen, also auch in dem meinen, die Abstraktheit unnütz verstärken? - Nun sagt mir z.B. jeder Mensch: wenn Sie kein Geld haben, verdienen Sie sich welches! Schön, aber das ist erstens wenig, zweitens wenig, und drittens viel zu wenig, um ordentlich arbeiten zu können. Und in der Zeit in der ich verdiene, kann ich nichts andres arbeiten. Selbst wenn ich für Monate eine Stelle annähme, würde ich nur ganz geringfügiges ersparen können. Also was tun? Ich denke an die Tatsache, daß z.B. Nauen[3], Marc[4] monatliche Renten von irgendwas für reichen Leuten erhalten, (übrigens viel Unbedeutendere auch) sollte es Ihnen nicht irgendwie möglich sein, mich einem derartigen Menschen angelegentlichst zu empfehlen? Ich weiß, daß ich viel Besseres leisten könnte, wenn ich nicht immer mit Groschen und Sechsern operieren müßte. Und irgendein Hergelaufener bin ich doch wohl nicht, so daß man nichts für mich tun könnte!“//
[1] Oskar Moll (1875-1947), vgl. BG-HHE I 6.25.
[2] Die Beihilfe wurde vermutlich von dem Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (1888-1965) gewährt.
[3] Heinrich Nauen (1880-1941), Maler und Graphiker.
[4] Franz Marc (1880-1916), Maler und Graphiker.
Kontext Diskriminierungssensible Sprache
Der Begriff geht auf das lateinische Wort für ‚schwarz‘ (‚niger‘) zurück und ist im 16. Jahrhundert erstmals im Kontext der Versklavung von Schwarzen Menschen schriftlich nachweisbar. Ab dem 18. Jahrhundert fand das Wort in ganz Europa Verwendung und spielte in den aufkommenden Rassentheorien eine zentrale Rolle. Diese Theorien teilten Menschen in stereotypisierende ‚Rassen‘ ein, denen neben äußerlichen Merkmalen auch Wesenszüge zugeschrieben wurden. Als Neger*in bezeichnete Menschen wurden in diesem Kontext als weißen Menschen grundsätzlich unterlegen charakterisiert. Sowohl die Rassentheorien als auch das Wort dienten als Legitimation für die Ausbeutung und Versklavung Schwarzer Menschen. Der Begriff beschrieb zu keiner Zeit lediglich die Hautfarbe einer Person, sondern war und ist immer durch Kolonialismus, Versklavung und Rassismus geprägt.
Transkription
Briefentwurf an Oskar Moll [1]
Auf der Rückseite: Raoul Hausmann: Maske. Tuschfederzeichnung.
„Sehr geehrter Herr Moll, ausgehend von dem nahen Ende der Gurlittschen[2] Beihilfe erinnere ich mich daran, daß Sie mir letzthin schrieben, Sie kennten mein Streben. Nun, mit diesem Streben bin ich unzufrieden, weil ich nicht in dem Umfang arbeiten kann, als ich möchte und müßte. Sie werden aus eigener Erfahrung wissen, wieviel man an Material = Geld verbraucht, wenn man einigermaßen regelmäßig arbeitet. Nun, würde ich auch nur 8 Tage viel arbeiten, d. h. hintereinander, dann wäre ich mit meinen gesammten Material zu Ende. Statt einer Menge Keilrahmen, Leinwand, Farben, vor allem aber Papier - habe ich so gut wie nichts. Käme hinzu, daß ich öfter Modell nehmen können müßte, als ich dies meine ganze Studienzeit hindurch tun konnte - dieser Tage sah ich einen famosen alten Kerl von Arbeiter; ich hätte ein Dutzend Zeichnungen und paar Bilder nach ihm machen wollen - hätte ich Geld. So bin ich aber verdammt, aus jeder meiner wenigen Leinwände eben auf jeden Fall ein Bild zu machen - sollte das nicht in den meisten Fällen, also auch in dem meinen, die Abstraktheit unnütz verstärken? - Nun sagt mir z.B. jeder Mensch: wenn Sie kein Geld haben, verdienen Sie sich welches! Schön, aber das ist erstens wenig, zweitens wenig, und drittens viel zu wenig, um ordentlich arbeiten zu können. Und in der Zeit in der ich verdiene, kann ich nichts andres arbeiten. Selbst wenn ich für Monate eine Stelle annähme, würde ich nur ganz geringfügiges ersparen können. Also was tun? Ich denke an die Tatsache, daß z.B. Nauen[3], Marc[4] monatliche Renten von irgendwas für reichen Leuten erhalten, (übrigens viel Unbedeutendere auch) sollte es Ihnen nicht irgendwie möglich sein, mich einem derartigen Menschen angelegentlichst zu empfehlen? Ich weiß, daß ich viel Besseres leisten könnte, wenn ich nicht immer mit Groschen und Sechsern operieren müßte. Und irgendein Hergelaufener bin ich doch wohl nicht, so daß man nichts für mich tun könnte!“//
[1] Oskar Moll (1875-1947), vgl. BG-HHE I 6.25.
[2] Die Beihilfe wurde vermutlich von dem Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (1888-1965) gewährt.
[3] Heinrich Nauen (1880-1941), Maler und Graphiker.
[4] Franz Marc (1880-1916), Maler und Graphiker.
Kontext Diskriminierungssensible Sprache
Der Begriff geht auf das lateinische Wort für ‚schwarz‘ (‚niger‘) zurück und ist im 16. Jahrhundert erstmals im Kontext der Versklavung von Schwarzen Menschen schriftlich nachweisbar. Ab dem 18. Jahrhundert fand das Wort in ganz Europa Verwendung und spielte in den aufkommenden Rassentheorien eine zentrale Rolle. Diese Theorien teilten Menschen in stereotypisierende ‚Rassen‘ ein, denen neben äußerlichen Merkmalen auch Wesenszüge zugeschrieben wurden. Als Neger*in bezeichnete Menschen wurden in diesem Kontext als weißen Menschen grundsätzlich unterlegen charakterisiert. Sowohl die Rassentheorien als auch das Wort dienten als Legitimation für die Ausbeutung und Versklavung Schwarzer Menschen. Der Begriff beschrieb zu keiner Zeit lediglich die Hautfarbe einer Person, sondern war und ist immer durch Kolonialismus, Versklavung und Rassismus geprägt.
● DADA Afrika, Zürich, Museum Rietberg, 17.03.2016 - 17.07.2016● DADA Afrika, Berlin, Berlinische Galerie, 04.08.2016 - 07.11.2016● Dada Africa. Sources et influences extra-occidentales, Musée de L'Orangerie, Paris, 17.10.2017 - 19.02.2018
● DADA Afrika, Zürich, Museum Rietberg, 17.03.2016 - 17.07.2016
● DADA Afrika, Berlin, Berlinische Galerie, 04.08.2016 - 07.11.2016
● Dada Africa. Sources et influences extra-occidentales, Musée de L'Orangerie, Paris, 17.10.2017 - 19.02.2018
● Dada Afrika. Dialog mit dem Fremden, Burmeister, Ralf u.a. Scheidegger & Spiess 2016, 1. Auflage, 244 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
● Dada Afrika. Dialog mit dem Fremden, Burmeister, Ralf u.a. Scheidegger & Spiess 2016, 1. Auflage, 244 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
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