Brief von Nelly van Doesburg an Til Brugman [und Hannah Höch]. Meudon
Nelly van Doesburg







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Werkdaten
Inventarnummer
BG-HHC K 106/79
Person / Körperschaft
Titel
Brief von Nelly van Doesburg an Til Brugman [und Hannah Höch]. Meudon
Datierung
08.08.1931
Gattung
Untergattung
Material / Technik
Papier, maschinengeschrieben
Umfang
2 Blatt, 1 Umschlag
Creditline
Erworben aus Mitteln des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, 08.08.1931
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin, DE
Erwerbsjahr
1979
Erwerbsart
Sammlung
Urheber*innenrecht
Unterliegt nicht dem Urheberrechtsschutz
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin, DE
Erwerbsjahr
1979
Erwerbsart
Kauf
Sammlung
Künstler*innen-Archive
Urheber*innenrecht
Unterliegt nicht dem Urheberrechtsschutz
Texte
Transkription
Übersetzung aus dem Holländischen.
Briefkopf: "madame pétro van doesburg [...]".
"meudon, 8/8,'31. / meine liebe til, meine liebe hannah, ich schreib' in holländisch, weil hänchen es ja auch versteht.
wo steckt ihr jetzt? ich hoffe, daß dieser [brief] euch erreicht. ich merke gerade, daß es schon zwei monate her ist, daß ich tils brief, der mir wirklich gut getan hat, bekommen habe. aber die zeit vergeht so wahnsinnig schnell und wie ihr wißt, hatte ich nach meiner deutschlandreise unglaublich viel zu tun. außerdem hab' ich auch wieder mit meinem klavierunterricht begonnen. gourevitch (erinnerst du dich noch an ihn aus der döme, til, bei dem russenabend?), der inzwischen in amerika auf konzertreise war und sich dort unerwartet mit einer südamerikanischen schönheit verheiratet hat, will mit mir hier im haus eine musikschule eröffnen. er nimmt dann die fortgeschrittenen schüler, ich die anfänger. prachtidee, wenn jetzt nur noch die schüler kommen. / mit meinen paying-guests geht es auch nicht so gut. hab' bis heute erst einen einzigen. da ich dachte, daß mein haus überquellen würde, bestellte ich eine wienerin als haushaltshilfe, aber nachdem sie einen monat hier gewesen war, bekam sie von der polizei bescheid, daß sie bis zum 9. august über die grenze sein muß, also zieht sie heute abend wieder aus. alles ist so irrsinnig [auf deutsch], und die menschen machen es sich dabei noch gegenseitig schwer. Ihr seht also, daß es hier noch nicht so flott geht. / ich habe von merz ein schreiben aus norwegen bekommen, daß er mir stark abrät, diesen winter die ausstellung in deutschland zu machen. er sagt, es sei finanziell so schlecht, daß es besser ist, ein jahr zu warten. inzwischen bin ich hier damit beschäftigt, die gemälde und zeichnungen zusammen mit arp auszusuchen und so weit es geht, die gemälde neu auflisten zu lassen. um das tun zu können (was das finanzielle betrifft), verlose ich eines der letzten gemälde von does, jedes los kostet 10 gulden, viele haben lose gekauft, aber es ist noch nicht genug, darum erwäge ich noch [mehr] zu verkaufen, wißt ihr vielleicht jemanden, der sich noch für ein los interessiert? / was meine weiteren erfahrungen in deutschland angeht: in halle war ich umsonst. der direktor, dr. schardt, war gerade operiert worden, also konnte ich [ihn] nicht sprechen. ich bin dann direkt nach essen weitergereist. da war ich samstag bei einem déjeuner eingeladen, wo überraschenderweise die direktoren vom museum essen und von köln [1] waren, die sich beide sehr für eine ausstellung interessierten und es tun wollen, [hs.:] Kosten übernehmen sie. / ich seh jedoch mehr und mehr ein, daß es mit den ausstellungen keine eile hat, und daß es besser ist, etwas damit zu warten und wirklich gut zu machen, als übereilt und halb.
durch arp habe ich sehr viel unterstützung. wir sehen uns sehr viel, auch bin ich viel mit seinem bruder und seiner familie zusammen. / es tut mir sehr gut, wieder in unserem haus zu sein. in does umgebung und zwischen seinen werken. doch dringt es langsam mehr und mehr zu mir durch und ich habe zeiten, wo ich mich so durch und durch elend fühle. am liebsten bin ich dann allein, um es herauszubrüllen, denn unter menschen ist es dann absolut nicht auszuhalten. wenn du das nicht mitgemacht hast, weißt du nicht und kannst auch nicht begreifen, was das bedeutet. und das erbärmliche ist, daß ich das stets mehr und mehr einsehe. ich vermisse does den ganzen tag, überall und in allem. ich muß mich darüber hinwegsetzten, und das einzige ist dann arbeiten.
liebe til und hannah, wie herrlich wäre es, wenn ihr hier wohnen würdet. wenn ich denke, wie herrlich es war, bei euch in berlin einzufallen, und ihr mich so verstanden habt. ich denke noch sehr oft daran. es gibt so wenig menschen, die das können, und was hilft all das geschwätz, daß ich noch jung bin und ein neues leben beginnen kann usw. usw., als ob das alles mal eben so abzuschütteln wäre. / kommt ihr nun wirklich nicht bald mal her?um kosnickenchen [2] ist es traurig bestellt, obschon ich immer lachen muß, wenn sie in der sechsten etage unterm dach ihr käffchen für mich macht. sie ist verschiedene male zu mir zum essen gekommen und fragte immer wenn sie wegging: «liebe petro hast du vielleicht einpaar fränkelchen für das arme weisenkindchen» [auf deutsch], einmal kam sie mit otchen (freundlich), ihrem amant! und dann versuchte sie otchen bei mir unterzubringen, wovon mir dann arp sehr abgeraten hat, und er auch recht damit hat, denn einmal otchen und hänchen bei petrochen, dann ist für mich kein bestehen mehr. ich hab doch kein zuhaus für arme künstler. mit ihrem südamerikaner ist es natürlich nichts geworden. sie hat ruhig in berlin bleiben sollen, aber nun sitzt sie hier ohne einen cent, und da sie die zimmermiete nicht bezahlen kann, malt sie für den besitzer ihres hotels (den sie mit «mon très chèr monsieur anspricht) oder manchmal schlichtweg: mon très chèr) das ganze treppenhaus. / colomb war auch in paris und wohnte mit in der dachkammer, und als ich das erste mal dorthin kam, saß colomb im smoking mit monokel (ausgerechnet colomb!) und küßte mir die hand. - / die ausstellung 1940 [3] war sehr interessant. / hélion [4] ist nach russland gereist und ich bekam einen enthusiastischen brief aus moskau, wo er auch lissitzky besucht hat. die kieslers schreiben mir regelmäßig, es geht ihnen auch nicht gerade rosig. kiesler schreibt einen ausgezeichneten artikel für de stijl über does [5]. / warum seit ihr und die kieslers gerade jetzt nicht in paris. das frage ich mich die ganze zeit. / mondrian arbeitet immer noch. ich sehe ihn ab und zu. / ach ja, stell' dir vor, gosschalk war in paris und schickte mir ein pneu, daß er mich besuchen würde, aber da franzosen was post und telefon angeht, nicht so auf der höhe sind, hatten sie wegen der änderung gosschalks pneu in die schweiz geschickt und von da aus nach holland, so daß es in meinen besitz kam, nachdem gos lange weg war. ich weiß nun nicht seine adresse in holland, was ich schade finde, er wußte, daß ich hier war und wollte mit mir über ausstellungen sprechen.
was die stijl-nummer angeht, die kommt nun erst im nächsten jahr raus, und nun finde ich es so wichtig, daß da ein hauptstück bonset und ein hauptstück camini in deutsch hinein kommt./ liebe til, die hauptstücke sind nicht lang, willst du die nicht korrekt ins deutsche übersetzen. ich sehe sie dann mit arp später durch. wirst du mir den gefallen tun? weil, sowas fragt man nicht den erstbesten übersetzer und arp will es dann später sehr gern durchsehen. / wie soll ich es nun mit den gedichten machen. hast du schon jemanden für deinen artikel gefunden? / arp hat zur zeit auch eine katze, das «peterle», er ist ganz verrückt nach ihr, singt und tanzt mit ihr und beteuert, daß sie reinrassig ist. ich seh das allerdings noch nicht. kommt vielleicht mit den jahren. / wie geht es in berlin. in deutschland überhaupt? / was arbeitet ihr? / wie geht es bei domela. ich hab so [gelacht] über die affengeschichte. Ist es gut ausgegangen? / wie war es mit frau bienert. habt ihr überhaupt noch mit ihr über does' arbeit gesprochen? / wie war es auch wieder mit den photos. schaut, die alben kann ich unmöglich aus der hand geben.
hat werner gräff dich noch besucht oder geschrieben wegen der übersetzungen. oder willst du, daß ich ihm davon schreibe. / was gibt es für neues in berlin? [auf deutsch] / ich steh in verbindung mit italien und da wollen sie möglicherweise auch die ausstellungen machen. / letzte woche war mein geburtstag. ihr könnt verstehen, was für ein elender tag das für mich war. ich hab natürlich so viel wie möglich dran gedacht. / ich hoffe, liebe tillen, daß ihr mir ganz bald wieder schreibt, und denkt nun nicht, nel hat mich auch so lange warten lassen. also, schreibt bald! / lena ist natürlich immer noch genauso lieb. war 14 tage hier, schreibt mir regelmäßig, stell dir vor, letztens hat sie mir dr. reys auf den hals geschickt, ich sollte mal mit ihm à la anjema essen gehen. ich hatte ablenkung nötig, allemal gut gemeint von lena, aber ausgerechnet mit reys ... er wird es sicherlich nicht mehr wagen, mich einzuladen, denn ich saß den ganzen abend mit einem wütenden gesicht herum, hatte furchtbar schlechte laune, ärgerte mich zu tode. / hört oder seht ihr manchmal noch was von camarez [6]? / frau wegerif ist wieder im lande mit ky. will wieder hier wohnen bleiben. / ich hab noch nicht die zeitschrift mit dem artikel von behne über does [7] bekommen. ist da nicht ranzukommen? ich bezahl's gerne, wenn's gekauft werden muß. habt ihr das neue frankfurt mit dexels artikel [8] gelesen? sehr gut. / tschüß liebe hannah, tschüß liebe til, / seid herzlich geküßt von / eurer nelly" /
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[1] Dr. h. c. Ernst Gosebruch, Direktor des Museums Folkwang in Essen, und Prof. Dr. Karl With, Direktor des Kölner Kunstgewerbemusems.
[2] d. i. Jeanne (Hannah) Kosnick-Kloss.
[3] Erste Ausstellung der Vereinigung 1940 in der Galerie de la Renaissance in Paris vom 11. bis 30. Juni 1931.
[4] Jean Hélion (*1904), Maler.
[5] Friedrich Kiesler: [Doesburg ist nicht mehr ...]. In: De Stijl : internationaal maandblad voor nieuwe kunst, wetenschap en kultuur / Theo van Doesburg (Red.). Weimar; Leiden; Antwerpen u. a. - Van Doesburg 1917-1931 Dernier Numéro, Janvier 1932, Kol. 53/54; s. 32.49.
[6] d. i. Kamares, eine mit Theo und Nelly van Doesburg befreundete Tänzerin.
[7] Adolf Behne: Theo van Doesburg *. In: Die Weltbühne : Wochenschrift für Politik, Kunst, Wirtschaft / Siegfried Jacobsohn (Hrsg.). Berlin: Verlag der Weltbühne. - 27. Jg., 1931, 1. Halbjahr, S. 475.
[8] Walter Dexel: Theo van Doesburg *. In: Das Neue Frankfurt : internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung. Frankfurt/M.: Englert und Schlosser. - 5. Jg., Juni 1931, H. 6, S. 104-106.
Transkription
Übersetzung aus dem Holländischen.
Briefkopf: "madame pétro van doesburg [...]".
"meudon, 8/8,'31. / meine liebe til, meine liebe hannah, ich schreib' in holländisch, weil hänchen es ja auch versteht.
wo steckt ihr jetzt? ich hoffe, daß dieser [brief] euch erreicht. ich merke gerade, daß es schon zwei monate her ist, daß ich tils brief, der mir wirklich gut getan hat, bekommen habe. aber die zeit vergeht so wahnsinnig schnell und wie ihr wißt, hatte ich nach meiner deutschlandreise unglaublich viel zu tun. außerdem hab' ich auch wieder mit meinem klavierunterricht begonnen. gourevitch (erinnerst du dich noch an ihn aus der döme, til, bei dem russenabend?), der inzwischen in amerika auf konzertreise war und sich dort unerwartet mit einer südamerikanischen schönheit verheiratet hat, will mit mir hier im haus eine musikschule eröffnen. er nimmt dann die fortgeschrittenen schüler, ich die anfänger. prachtidee, wenn jetzt nur noch die schüler kommen. / mit meinen paying-guests geht es auch nicht so gut. hab' bis heute erst einen einzigen. da ich dachte, daß mein haus überquellen würde, bestellte ich eine wienerin als haushaltshilfe, aber nachdem sie einen monat hier gewesen war, bekam sie von der polizei bescheid, daß sie bis zum 9. august über die grenze sein muß, also zieht sie heute abend wieder aus. alles ist so irrsinnig [auf deutsch], und die menschen machen es sich dabei noch gegenseitig schwer. Ihr seht also, daß es hier noch nicht so flott geht. / ich habe von merz ein schreiben aus norwegen bekommen, daß er mir stark abrät, diesen winter die ausstellung in deutschland zu machen. er sagt, es sei finanziell so schlecht, daß es besser ist, ein jahr zu warten. inzwischen bin ich hier damit beschäftigt, die gemälde und zeichnungen zusammen mit arp auszusuchen und so weit es geht, die gemälde neu auflisten zu lassen. um das tun zu können (was das finanzielle betrifft), verlose ich eines der letzten gemälde von does, jedes los kostet 10 gulden, viele haben lose gekauft, aber es ist noch nicht genug, darum erwäge ich noch [mehr] zu verkaufen, wißt ihr vielleicht jemanden, der sich noch für ein los interessiert? / was meine weiteren erfahrungen in deutschland angeht: in halle war ich umsonst. der direktor, dr. schardt, war gerade operiert worden, also konnte ich [ihn] nicht sprechen. ich bin dann direkt nach essen weitergereist. da war ich samstag bei einem déjeuner eingeladen, wo überraschenderweise die direktoren vom museum essen und von köln [1] waren, die sich beide sehr für eine ausstellung interessierten und es tun wollen, [hs.:] Kosten übernehmen sie. / ich seh jedoch mehr und mehr ein, daß es mit den ausstellungen keine eile hat, und daß es besser ist, etwas damit zu warten und wirklich gut zu machen, als übereilt und halb.
durch arp habe ich sehr viel unterstützung. wir sehen uns sehr viel, auch bin ich viel mit seinem bruder und seiner familie zusammen. / es tut mir sehr gut, wieder in unserem haus zu sein. in does umgebung und zwischen seinen werken. doch dringt es langsam mehr und mehr zu mir durch und ich habe zeiten, wo ich mich so durch und durch elend fühle. am liebsten bin ich dann allein, um es herauszubrüllen, denn unter menschen ist es dann absolut nicht auszuhalten. wenn du das nicht mitgemacht hast, weißt du nicht und kannst auch nicht begreifen, was das bedeutet. und das erbärmliche ist, daß ich das stets mehr und mehr einsehe. ich vermisse does den ganzen tag, überall und in allem. ich muß mich darüber hinwegsetzten, und das einzige ist dann arbeiten.
liebe til und hannah, wie herrlich wäre es, wenn ihr hier wohnen würdet. wenn ich denke, wie herrlich es war, bei euch in berlin einzufallen, und ihr mich so verstanden habt. ich denke noch sehr oft daran. es gibt so wenig menschen, die das können, und was hilft all das geschwätz, daß ich noch jung bin und ein neues leben beginnen kann usw. usw., als ob das alles mal eben so abzuschütteln wäre. / kommt ihr nun wirklich nicht bald mal her?um kosnickenchen [2] ist es traurig bestellt, obschon ich immer lachen muß, wenn sie in der sechsten etage unterm dach ihr käffchen für mich macht. sie ist verschiedene male zu mir zum essen gekommen und fragte immer wenn sie wegging: «liebe petro hast du vielleicht einpaar fränkelchen für das arme weisenkindchen» [auf deutsch], einmal kam sie mit otchen (freundlich), ihrem amant! und dann versuchte sie otchen bei mir unterzubringen, wovon mir dann arp sehr abgeraten hat, und er auch recht damit hat, denn einmal otchen und hänchen bei petrochen, dann ist für mich kein bestehen mehr. ich hab doch kein zuhaus für arme künstler. mit ihrem südamerikaner ist es natürlich nichts geworden. sie hat ruhig in berlin bleiben sollen, aber nun sitzt sie hier ohne einen cent, und da sie die zimmermiete nicht bezahlen kann, malt sie für den besitzer ihres hotels (den sie mit «mon très chèr monsieur anspricht) oder manchmal schlichtweg: mon très chèr) das ganze treppenhaus. / colomb war auch in paris und wohnte mit in der dachkammer, und als ich das erste mal dorthin kam, saß colomb im smoking mit monokel (ausgerechnet colomb!) und küßte mir die hand. - / die ausstellung 1940 [3] war sehr interessant. / hélion [4] ist nach russland gereist und ich bekam einen enthusiastischen brief aus moskau, wo er auch lissitzky besucht hat. die kieslers schreiben mir regelmäßig, es geht ihnen auch nicht gerade rosig. kiesler schreibt einen ausgezeichneten artikel für de stijl über does [5]. / warum seit ihr und die kieslers gerade jetzt nicht in paris. das frage ich mich die ganze zeit. / mondrian arbeitet immer noch. ich sehe ihn ab und zu. / ach ja, stell' dir vor, gosschalk war in paris und schickte mir ein pneu, daß er mich besuchen würde, aber da franzosen was post und telefon angeht, nicht so auf der höhe sind, hatten sie wegen der änderung gosschalks pneu in die schweiz geschickt und von da aus nach holland, so daß es in meinen besitz kam, nachdem gos lange weg war. ich weiß nun nicht seine adresse in holland, was ich schade finde, er wußte, daß ich hier war und wollte mit mir über ausstellungen sprechen.
was die stijl-nummer angeht, die kommt nun erst im nächsten jahr raus, und nun finde ich es so wichtig, daß da ein hauptstück bonset und ein hauptstück camini in deutsch hinein kommt./ liebe til, die hauptstücke sind nicht lang, willst du die nicht korrekt ins deutsche übersetzen. ich sehe sie dann mit arp später durch. wirst du mir den gefallen tun? weil, sowas fragt man nicht den erstbesten übersetzer und arp will es dann später sehr gern durchsehen. / wie soll ich es nun mit den gedichten machen. hast du schon jemanden für deinen artikel gefunden? / arp hat zur zeit auch eine katze, das «peterle», er ist ganz verrückt nach ihr, singt und tanzt mit ihr und beteuert, daß sie reinrassig ist. ich seh das allerdings noch nicht. kommt vielleicht mit den jahren. / wie geht es in berlin. in deutschland überhaupt? / was arbeitet ihr? / wie geht es bei domela. ich hab so [gelacht] über die affengeschichte. Ist es gut ausgegangen? / wie war es mit frau bienert. habt ihr überhaupt noch mit ihr über does' arbeit gesprochen? / wie war es auch wieder mit den photos. schaut, die alben kann ich unmöglich aus der hand geben.
hat werner gräff dich noch besucht oder geschrieben wegen der übersetzungen. oder willst du, daß ich ihm davon schreibe. / was gibt es für neues in berlin? [auf deutsch] / ich steh in verbindung mit italien und da wollen sie möglicherweise auch die ausstellungen machen. / letzte woche war mein geburtstag. ihr könnt verstehen, was für ein elender tag das für mich war. ich hab natürlich so viel wie möglich dran gedacht. / ich hoffe, liebe tillen, daß ihr mir ganz bald wieder schreibt, und denkt nun nicht, nel hat mich auch so lange warten lassen. also, schreibt bald! / lena ist natürlich immer noch genauso lieb. war 14 tage hier, schreibt mir regelmäßig, stell dir vor, letztens hat sie mir dr. reys auf den hals geschickt, ich sollte mal mit ihm à la anjema essen gehen. ich hatte ablenkung nötig, allemal gut gemeint von lena, aber ausgerechnet mit reys ... er wird es sicherlich nicht mehr wagen, mich einzuladen, denn ich saß den ganzen abend mit einem wütenden gesicht herum, hatte furchtbar schlechte laune, ärgerte mich zu tode. / hört oder seht ihr manchmal noch was von camarez [6]? / frau wegerif ist wieder im lande mit ky. will wieder hier wohnen bleiben. / ich hab noch nicht die zeitschrift mit dem artikel von behne über does [7] bekommen. ist da nicht ranzukommen? ich bezahl's gerne, wenn's gekauft werden muß. habt ihr das neue frankfurt mit dexels artikel [8] gelesen? sehr gut. / tschüß liebe hannah, tschüß liebe til, / seid herzlich geküßt von / eurer nelly" /
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[1] Dr. h. c. Ernst Gosebruch, Direktor des Museums Folkwang in Essen, und Prof. Dr. Karl With, Direktor des Kölner Kunstgewerbemusems.
[2] d. i. Jeanne (Hannah) Kosnick-Kloss.
[3] Erste Ausstellung der Vereinigung 1940 in der Galerie de la Renaissance in Paris vom 11. bis 30. Juni 1931.
[4] Jean Hélion (*1904), Maler.
[5] Friedrich Kiesler: [Doesburg ist nicht mehr ...]. In: De Stijl : internationaal maandblad voor nieuwe kunst, wetenschap en kultuur / Theo van Doesburg (Red.). Weimar; Leiden; Antwerpen u. a. - Van Doesburg 1917-1931 Dernier Numéro, Janvier 1932, Kol. 53/54; s. 32.49.
[6] d. i. Kamares, eine mit Theo und Nelly van Doesburg befreundete Tänzerin.
[7] Adolf Behne: Theo van Doesburg *. In: Die Weltbühne : Wochenschrift für Politik, Kunst, Wirtschaft / Siegfried Jacobsohn (Hrsg.). Berlin: Verlag der Weltbühne. - 27. Jg., 1931, 1. Halbjahr, S. 475.
[8] Walter Dexel: Theo van Doesburg *. In: Das Neue Frankfurt : internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung. Frankfurt/M.: Englert und Schlosser. - 5. Jg., Juni 1931, H. 6, S. 104-106.
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