Transkription
"5.
Lieber Herr Krenz [1]! Hannover den 29.1.27. Erstens bitte ich Sie, mir eine Liste der für mich in Deutschland wichtigen Ausstellungen aufzustellen. Ich bitte Sie sehr darum. Ich weiss, dass das eine grosse Mühe ist, aber ich muss solch eine Liste haben und weiss nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Sie würden mir einen grossen Gefallen tun, und ich würde Ihnen zeitlebens dankbar sein. Noch meine spätesten Enkelkinder werden sagen: «Das war der Krenz, der unsere Familie aus dem Elend riss.» Ich habe nämlich im März eine grosse Ausstellung in Wiesbaden, die ich wegen der Transportkosten sehr gern gleich weiterreisen liesse. Da ist Eile geboten, denn die meisten Ausstellungen disponieren lange varher. Bitte geben Sie schnell und doppelt. Zweitens habe ich mir eine besondere Ehrung zum Midia-Pines-Abend [2] ausgedacht. Sie sammelt nänlich mit Leidenschaft Silberpapier in ganz heilen Bogen, um damit und davon eine riesige Kugel zu machen. Die Kugel ist jetzt schon 1 1/2 Pfund schwer. Nun wollen wir alle sammeln und ihr nach dem Vortrag möglichst viel Silberpapier überreichen. Ich bitte Sie nun zu sammeln und es allen Menschen zu sagen, dass sie auch sammeln sollen. Wollen Sie das tun?
Ich begrüsse Sie herzlichst Ihr
Kurt Schwitters."
[1] Hanns Krenz (1887-1969), Kunstsammler und -händler.
[2] Traum eines lächerlichen Menschen, Vortragsabend von Midia Pines in der Kestner-Gesellschaft am 15.3.1927.
Midia Pines, Vortragskünstlerin, vor allem der Texte Dostojewskijs.