Kunsthandlung Maria Kunde
Werner J. Schweiger
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Werkdaten
Inventarnummer
BG-WJS-M-1,139
Person / Körperschaft
Titel
Kunsthandlung Maria Kunde
Gattung
Material / Technik
digital
Creditline
Zustiftung Christa M. Schweiger, Wien; und Wolfgang Wittrock, Berlin
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
Erwerbsjahr
2016
Erwerbsart
Sammlung
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
Erwerbsjahr
2016
Erwerbsart
Zustiftung
Sammlung
Künstler*innen-Archive
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
Texte
Transkription
KUNDE
MARIA KUNDE
GRAPHISCHES KABINETT MARIA KUNDE
KUNSTSALON MARIA KUNDE
GRAPHISCHES KABINETT BIEBERHAUS
KUNSTHANDLUNG MARIA KUNDE
Adresse: HAMBURG, Freie und Hansestadt Hamburg, Ernst-Merck-Strasse 9 (Bieberhaus)
Inhaber: Maria Kunde (1911-1919); Gertrud Magnussen, Anna Menke (1919-1938); Gertrud Magnussen (1939); Dr. Friedrich Hammer (1939-1943)
Bestand: 1911-1943; Fortsetzung ab 1947
Charakteristik: Graphisches Kabinett, Kunsthandlung
„Graphisches Kabinett/Ernst Merckstr 9, Bieberhaus.“ (Galerieaufkleber); „Reichhaltiges Lager in Radierungen, Stichen, Gravuren, Steinzeichnungen, Gemälden und plastischen Kunstgegenständen, Spezial-Geschäft für Einrahmungen in vornehmer und geschmackvoller Ausführung, Reinigen und Auffrischen alter Bilder und Figuren, Ankauf von alten Bildern und als Sondergebiet: Hamburgensien“ (Anzeige 1912, unbezeichneter Ausschnitt); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Bieberhaus. Ernst Merckstr. 8 [!] b. Hauptbahnhof. Monatlich wechselnde Ausstellung moderner Graphik. Expressionisten. Impressionisten. Ankauf. Verkauf“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 21 v. November 1920, Anzeigenseite); „Kunstsalon Maria Kunde. Hamburg, „Bieberhaus“, am Hauptbahnhof. Graphik. Kupferstiche alter Meister. Hamburgensien. Kunstgewerbe. Monatlich wechselnde Ausstellungen . Reproduktionen nach alten und lebenden Meistern. Kunstliteratur“ (Anzeige in: Hamburger Kalender 1920, Anzeigenseite; Schleswig-Holsteinisches Jahrbuch 1920. Anzeigenseite); „Maria Kunde. Kunstsalon. Hamburg, Bieberhaus. Wechselnde Kunstausstellungen. Alte und moderne Graphik. Hamburgensien“ (Anzeige in: Der Sammler. Nr. 1 v. 1. 1. 1921, S. 16); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Ernst-Merckstr. 9 (Bieberhaus). Große Auswahl moderner Graphik. Impressionisten. Expressionisten. Kunstliteratur. Ausstellung im März: Junge Österreichische Graphiker“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 5 v. März 1921, Anzeigenseite); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Ernst Merck Strasse 9 (Bieberhaus). Große Auswahl moderner Graphik. Impressionisten. Expressionisten. Monatlich wechselnde Ausstellungen“ (Anzeige in: Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der neueren Meister.- Hamburg 1922, Anzeigenseite [2]); „Maria Kunde. Hamburg I. Bieberhaus. Größte Auswahl in Piper-, Hanfstaengl-Drucken usw. Moderne Graphik. Rahmenwerkstatt. Kunstgewerbe“ (Anzeige in: Der Kreis. H. 12 v. Dezember 1929, S. 741); „MKunde [Signet]. Kunsthandlung. Kunstgewerbe. Ernst-Merck-Straße 9, Bieberhaus“ (Anzeige in: Aussteller-Verzeichnis der Hundert-Jahr-Ausstellung des Hamburger Künstler-Vereins.- Hamburg 1932, Anzeigenseite)
Ausstellungen:
1913: Exlibris
1917: Heinz Baden, Franz Radziwill, Heinrich Steinhagen; Alexander Friedrich
1919: „Der Grüne Regenbogen“ (Bremer Künstlervereinigung); Jussuff Abbo; Hans Leip; Emil Nolde
1920: Emil Maetzel, Dorothea Maetzel-Johannsen; Max Kaus; Walter Gramatté; Christian Rohlfs; Adja (Adia Madiain) Junker; Emil Nolde; Josef Achmann, Wilhelm Morgner, Paula Modersohn-Becker, Max Pechstein, Josef Seché (Graphik, Zeichnungen); Fritz Schaefler
1921: Karl Opfermann; Heinrich Stegemann; Druckgraphik und Aquarelle von Eduard Arnthal, Wilhelm Lehmbruck, Friedrich Lissmann, Franz Marc, Heinrich Nauen, Paul Adolf Seehaus;
Graphik von George Grosz, Paul Klee, Emil Maetzel, Dorothea Maetzel-Johannsen, Richard Seewald; Erich Hartmann, Ernst Lindemann (Aquarelle), „Junge Österreichische Graphiker“; Werner Gothein, Curt Stoermer
1922: Franz Gaudeck; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung); Max Kaus, Otto Herbig; Rolf Nesch, Josef Franz Huber
1923: Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck, Ernst Zimmermann, Augusta von Zitzewitz; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung);
1924: Heinrich Jaacks; Dora Hitz; Walter Gramatté (Aquarelle)
1925: Ernst Krantz (Druckgraphik, Aquarelle); Paul Klee, Kurt Schwitters, Hans Arp, Cesar Domela; Erich Brill; Alfred Mahlau (Aquarelle, Graphik, Entwürfe für Theaterdekorationen); Adja Junker, Karl Arste, Ernst Odefey; Karl Hofer (Bilder, Aquarelle, Zeichnungen), Frans Masereel (Holzschnitte und Bücher), El Lissitzky (Aquarelle und Lithographien); Erich Heckel, Walter Gramatté (Graphik); {Harriet von Rathlef-Keilmann (Holzreliefs, Graphiken und Zeichnungen)}
1926: Miklós Farkasházy; Eduard Bargheer; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung); „Dessauer Bauhaus“ (Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Gerhard Marcks, László Moholy-Nagy, Georg Muche, Oskar Schlemmer); Walter Gramatté; Heinrich Stegemann; Eduard Hopf, Paul Schwemer; Gustav Heinrich Wolff
1927: Adolf Schleicher; Heinrich Ehmsen; Rudolf Neugebauer; Eduard Bargheer (Gemälde und Aquarelle); Anita Rée; Georg Greve-Lindau
1928: Eduard Hopf, Albert Renger-Patzsch (Photographien), Ottilie Wollmann (Plastik)
1929: Klaus Wrage; Elfriede Lohse-Wächtler
1930: Kurt Lohse; Theodor Piering; Alfred Schröder; Hedwig Thun; Walter Junge; „Wiener Graphiker und Aquarellisten“; Hugo Erfurth („Lichtbildnisse berühmter Persönlichkeiten“); Erich Hartmann (Aquarelle und Zeichnungen)
1931: Else Weber
1932: Elfriede Lohse-Wächtler; R. Volkmer; Lore Feldberg-Eber; Erich Wessel; Hans Pluquet
1933: „Hannoversche Sezession“ (dabei u. a. Carl Buchheister, Kurt Schwitters, Friedrich Vordemberge-Gildewart)
1934: Werner Scholz
1936: Kurt Schürz (Aquarelle)
Verlag
Karl Prahl: 24 Original-Radierungen meist Hamburger Ansichten [zwischen 1908 und 1915 entstanden], 1916 (dabei u. a. Binnenalster bei Nacht, Alsterpavillon, Hamburger Hafen, Nikolaikirche, Katharinenkirche, Hamburger Straßenmusikanten, Hamburger Fischfrauen, Hof an der Drehbahn, Süderkanal); 7 Künstler-Steinzeichnungen, 1916 (dabei u. a. Hof im Schulgang, Binnenalster, Motiv aus Holland)
Ulli Wolters: 5 Künstler-Steinzeichnungen aus Braunschweig, 1916; 7 Künstler-Steinzeichnungen aus Hamburg, 1916; Strandleben in Wittenberg bei Hamburg, 1916; Brücke St. Paul und Fischmarkt, 1916
Bemerkung:
Der „Kunstsalon Maria Kunde“ wird in der vorliegenden Hamburg-Literatur (z. B. Edith Oppens 1969, S. 109; Roland Jaeger 1983, S. 40; Carsten Meyer-Tönnesmann 1985, S. 37, 296; Expressionistischer Aufbruch 2004, S. 42) mit einer Ausnahme (Maike Bruhns 2001, S. 224-225) jeweils lediglich mit einem Satz erwähnt, ohne je Näheres über Bestand, Ausstellungen oder die Inhaberinnen mitzuteilen.
Der im Juli 1911 von Maria Kunde (1876-1972) gegründete und am 1. September 1911 eröffnete „Kunstsalon Maria Kunde“ war im sogenannten „Bieberhaus“ (einem 1908-1910 von Johann Gottlieb Rambatz und Wilhelm Jollasse erbauten Büro- und Geschäftshaus in Hamburg-St. Georg) in der Ernst Merck-Strasse 9 zentral nächst dem Hauptbahnhof gelegen. Das Angebot umfasste nahezu alle Zweige des Kunsthandels: Neben dem grossen Lager an allen Arten von Graphik, Gemälden und Plastiken wurden auch Kunstgewerbe sowie Einrahmungen und das Reinigen und Auffrischen alter Bilder angeboten (Anzeige 1912, unbezeichneter Ausschnitt).
Während über Ausstellungen der Frühzeit nur wenig überliefert ist, dürfte sich die Kunsthändlerin innerhalb kurzer Zeit einen ausgezeichneten Ruf erworben haben. Bei der seit 1912 vorbereiteten und 1914 in Leipzig abgehaltenen „Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik“ (Bugra) wurde auch ein eigenes „Haus der Frau“ errichtet, dessen Wert „aber nicht nur in dem individuellen Reiz und der künstlerischen Schönheit [liegt], sondern vor allem in der sozialen Bedeutung, die ein geschlossener Überblick des Frauenschaffens in sich birgt. Es soll Verständnis und Interesse für ernste und tüchtige Frauenarbeit geweckt werden, um ihr allgemeine Anerkennung zu verschaffen und neue Berufe zu eröffnen.“ (Das Haus der Frau 1914, S. XIII). In dem von Emilie Winkelmann, der ersten Frau, die in Deutschland ein Architekturbüro eröffnete, erbauten Haus wurde in 15 Ausstellungsräumen der Anteil der Frauen auf den Gebieten Buch und Graphik ausgebreitet. Zwischen Freier Graphik, Reklame und Buchillustration wurde auch die „Frau als Sammlerin“ präsentiert, Raum VII war dem „Kunsthandel“ gewidmet. Erste Vorsitzende und für die Raumgestaltung verantwortlich war „Fräulein Maria Kunde, Hamburg“, zweite Vorsitzende war „Frau Else Beyer, Leipzig“ von der Kunsthandlung --> P. H. BEYER & SOHN. Im Katalog wird „programmatisches“ mitgeteilt: „Die Abteilung will die Tätigkeit der Frau als Kunsthändlerin zeigen. Als solcher liegt ihr die verantwortungsvolle Aufgabe ob, aus der Fülle der Schöpfungen, die Kunst und Kunstgewerbe hervorbringen, die geeignete Auswahl zu treffen, die dem Geschmack des Publikums Rechnung trägt, ohne ihm dabei unkünstlerische Konzessionen zu machen. Die Kunsthändlerin muß sich dabei bewußt sein, welch bedeutungsvoller Einfluß ihr als Vermittlerin zwischen Künstler und Publikum zu Gebote steht.“ (Das Haus der Frau 1914, S. 155). Ausgestellt wurden „auch Werke moderner und modernster, namentlich graphischer Künstler“ und um „den zeitgenössischen Künstlern in vollem Maße gerecht zu werden, ist ein monatlicher Wechsel der Ausstellung im Kunsthandel eine Notwendigkeit. Diese Regel der praktischen Geschäftsführung wird in der Abteilung Kunsthandel im ‚Hause der Frau’ ebenfalls befolgt.“ (Das Haus der Frau 1914, S. 155, 156)
Während des Krieges erschienen 1916 und 1917 im Verlag von Maria Kunde zahlreiche Radierungen und Lithographien des Hamburger Künstlers Karl Prahl (er wurde 1917 der Ehemann der Kunsthändlerin) und Lithographien von der in Hamburg geborenen und in Berlin-Charlottenburg lebenden Malerin und Graphikerin Ulli (Ulrike) Wolters.
Wenig später übersiedelte die Kunsthändlerin aus gesundheitlichen Gründen mit ihrem Ehemann nach Pinneberg (Schleswig-Holstein), später nach Kummerfeld und übergab die Kunsthandlung an die neuen Besitzerinnen.
Zwischen der Gründung und dem 1919 erfolgten Verkauf sind nur einige wenige Ausstellungen nachzuweisen. Sogar Gustav Schiefler nahm die Kunsthandlung in seiner Hamburger Kulturgeschichte erst wahr, als diese neue Besitzer hatte: „Neuerdings hat an der Ernst-Merck-Straße Maria Kunde eine Kunsthandlung aufgetan, in welcher mit gutem Geschmack eine große Auswahl der besten neueren Graphik zum Angebot gebracht wird.“ In einer Notiz in der Hamburger Zeitschrift „Die literarische Gesellschaft“ (H. 11 v. November 1919) heisst es: „Die neuen Besitzerinnen haben sich durch eine treffliche Schau von Graphik Emil Noldes eingeführt. Eine Ausstellung Schmidt-Rottluffs soll folgen.“
Unter dem Namen der Gründerin und bisherigen Inhaberin Maria Kunde wurde die Kunsthandlung unter der Bezeichnung „Graphisches Kabinett Maria Kunde“ am 1. Oktober 1919 von Gertrud Magnussen und Anna Menke übernommen und neu positioniert. In einer 1920 geschalteten Anzeige werden „Monatlich wechselnde Ausstellung moderner Graphik. Expressionisten. Impressionisten“ angekündigt (Der Cicerone. H. 21 v. November 1920, Anzeigenseite). Über die Neuübernahme und Eröffnungsausstellung berichtete auch Rosa Schapire: „Der Kunstsalon Maria Kunde ist in neue Hände übergegangen. Die Leiterinnen Gertrud Magnussen und Anna Menke - die erste durch ihre langjährige Tätigkeit bei Commeter [-> COMMETER] in Hamburger Sammlerkreisen gut eingeführt - haben ihr graphisches Kabinett mit einer Nolde-Ausstellung, die von programmatischer Bedeutung ist, eröffnet.“ (Der Cicerone. H. 22 v. 20. 11. 1919, S. 744)
1920 schrieb Gustav Pauli einen Bericht über Hamburg und die neue Kunst und erwähnte darin auch die wenigen Galerien: „Der hamburgische Kunsthandel beschäftigt sich gelegentlich mit neuer Kunst, eine Firma, die ausschließlich sich mit ihr beschäftigt, gibt es hier nicht. In Betracht kommen Ausstellungen im Kunstverein, bei Commeter [-> COMMETER], in den Hansa-Werkstätten [-> HANSA WERKSTÄTTEN], gelegentlich bei L. Bock & Sohn [-> BOCK] und Klamt [-> KUNSTHAUS DER ROTE BAUM] und für Graphik der Salon von Maria Kunde.“ (Gustav Pauli: Hamburg.- in: Der Ararat. München. H. 11/12 v. Dezember 1920, S. 144-145; Zitat S. 145) Für Hans W. Fischer, der 1922 den Hamburger Kunsthandel charakterisierte, gehörte Maria Kunde (neben -> COMMETER, -> BOCK und den -> HANSA-WERKSTÄTTEN) „zu den wenigen Hamburger Kunsthandlungen, die eine solide Ausgewogenheit mit gelegentlichen Experimenten verbinden“ (Hans W. Fischer 1998, S. 87)
Ein Mitarbeiter um 1921/1922 war Richard Haizmann, der seit 1920 den Kunsthandel in der Galerie -> GARVENS in Hannover erlernte um anschliessend bei Kunde „weitere Erfahrungen im Kunsthandel zu sammeln.“ (Richard Haizmann 1967, S. 243). 1922 wurde er selbst zum Kunsthändler (-> HAIZMANN).
Zum Kunsthandelsangebot gehörte neben dem Angebot von Kunstgewerbe auch eine Rahmenwerkstatt sowie „Reproduktionen nach alten und lebenden Meistern“ (Anzeige in: Hamburger Kalender 1920, Anzeigenseite), dabei auch „Größte Auswahl in Piper-, Hanfstaengl-Drucken“ (Anzeige in: Der Kreis. H. 12 v. Dezember 1929, S. 741), die sich an Liebhaber mit kleinem Budget wandte. Dazu gibt es eine Erinnerung an die Kunsthandlung aus der Mitte der Zwanzigerjahre: „Bei Maria Kunde gab es auch in großer Auswahl die ersten farbigen Piper-Drucke [erschienen seit 1923]. Die für Malerei interessierte Jugend Hamburgs war begeistert. Sich geliebte, moderne Bilder in guten Reproduktionen an die Wand zu hängen wurde Mode.“ (Edith Oppens 1969, S. 109)
Einer der Künstler, für den sich die Kunsthandlung besonders einsetzte, war der junge Hamburger Künstler Walter Gramatté. 1920 veranstaltete Kunde seine erste Ausstellung in Hamburg, zu der ein dekorativer Holzschnitt als Einladung verschickt wurde. Aus einem Brief des Künstlers an die Kunsthandlung kann geschlossen werden, dass Gramatté auch daran dachte, Kunde seine neuesten Druckgraphiken zum Vetrieb zu überlassen (Walter Gramatté 1982, S. 19). Die Ausstellung war ein Erfolg auf allen Linien: Für Rosa Schapire gab sie Anlass, in einer überregionalen Kunstzeitschrift über den Künstler zu schreiben (Der Cicerone. H. 14 v. 15. 7. 1920, S. 553-554), die Verkäufe scheinen auch befriedigend gewesen zu sein. An seinen Freund Edlef Koeppen schrieb Gramatté am 5. Juli 1920: „Ich habe in Hamburg gut verkauft und bin einen Teil meiner Schulden los […] Viel Graphik, alles in allem etwa für 14 bis 15 000 M.“ (Walter Gramatté 1982, S. 19). 1924 und 1926 folgten weitere Ausstellungen des Künstlers.
Neben der Präsentation von Hamburger Künstlern wie Eduard Bargheer (1926), Erich Brill (1925), Lore Feldberg-Eber (1932), Elfriede Lohse-Wächtler (1929 Friedrichsberger Köpfe (Aquarelle aus der ‚Irrenanstalt’ Friedrichsberg), Emil Maetzel (1920), Dorothea Maetzel-Johannsen (1920), Anita Rée (1927), Heinrich Stegemann (1921), Claus Wrage (1929)
setzte sich der Kunstsalon auch vermehrt für Malerinnen, Graphikerinnen und Bildhauerinnen ein. Bereits 1911 stellte Maria Kunde auf einem eigenen Stand auf der Leipziger Messe deutsche Malerinnen aus (Carsten Meyer-Tönnesmann 1985, S. 37), Lithographien der Berliner Künstlerin Ulli (Ulrike) Wolters erschienen im Verlag der Galerie und neben den bereits erwähnten Hamburger Künstlerinnen stellten noch u. a. Hedwig Thun (1930), Else Weber (1931), Ottilie Wollmann (1928 ), {Harriet von Rathlef-Keilmann (1925)} und Augusta von Zitzewitz (1923) aus.
Anna Menke musste 1938 aus der Galerie ausscheiden, da sie als Jüdin keine Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer (Abteilung III, Gruppe Buchhandel) fand. Gertrud Magnussen leitete die Galerie nun alleine, ehe diese am 1. März 1939 von Dr. Friedrich Hammer übernommen wurde und das Angebot in der Folge eingeschränkt auf „nur Kunstliteratur, ill. Werke“ (Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1940, S. 321) weitergeführt wurde. 1940 erhielt Ingeborg Hammer die Prokura und führte, da ihr Ehemann zur Wehrmacht eingezogen war, das Geschäft bis zum Bombenschaden im Juli 1943. Im April 1947 wurde die Galerie unter der Inhaberschaft von Ingeborg Hammer wieder eröffnet und feierte 1961 das 50jährige Bestandsjubiläum.
Nachweise:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Dressler 1923; Handbuch des Kunstmarktes 1926
Das Haus der Frau auf der Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914. [Umschlagtitel]. Zweite Auflage.- Leipzig 1914
H[ermann] Colshorn: 50 Jahre Kunstsalon Maria Kunde in Hamburg.- in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Nr. 70 v. 1. 9. 1961, S. 1366-1367
Edith Oppens: Der Mandrill. Hamburgs zwanziger Jahre.- Hamburg 1969
Carsten Meyer-Tönnesmann: Der Hamburgische Künstlerclub von 1897.- Hamburg 1985
Walter Gramatté 1897-1929. Eine Auswahl seiner Briefe. Hrsg. v. Ferdinand Eckhardt.- Berlin: Brücke-Museum 1982. (Brücke-Archiv. Heft 12, 1981/82.)
Hans W. Fischer: Hamburger Kulturbilderbogen. Eine Kulturgeschichte 1909-1922. Neu hrsg. v. Kai-Uwe Scholz [u. a.]- Hamburg 1998
Roland Jaeger, Cornelius Steckner: Zinnober. Kunstszene Hamburg 1919-1933.- Hamburg 1983
Maike Bruhns: Kunst in der Krise. Hamburger Kunst im „Dritten Reich“.- Hamburg 2001
Expressionistischer Aufbruch in Hamburg - Publikationen, Bilder, Künstlerfeste.- Hamburg 2004
Transkription
KUNDE
MARIA KUNDE
GRAPHISCHES KABINETT MARIA KUNDE
KUNSTSALON MARIA KUNDE
GRAPHISCHES KABINETT BIEBERHAUS
KUNSTHANDLUNG MARIA KUNDE
Adresse: HAMBURG, Freie und Hansestadt Hamburg, Ernst-Merck-Strasse 9 (Bieberhaus)
Inhaber: Maria Kunde (1911-1919); Gertrud Magnussen, Anna Menke (1919-1938); Gertrud Magnussen (1939); Dr. Friedrich Hammer (1939-1943)
Bestand: 1911-1943; Fortsetzung ab 1947
Charakteristik: Graphisches Kabinett, Kunsthandlung
„Graphisches Kabinett/Ernst Merckstr 9, Bieberhaus.“ (Galerieaufkleber); „Reichhaltiges Lager in Radierungen, Stichen, Gravuren, Steinzeichnungen, Gemälden und plastischen Kunstgegenständen, Spezial-Geschäft für Einrahmungen in vornehmer und geschmackvoller Ausführung, Reinigen und Auffrischen alter Bilder und Figuren, Ankauf von alten Bildern und als Sondergebiet: Hamburgensien“ (Anzeige 1912, unbezeichneter Ausschnitt); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Bieberhaus. Ernst Merckstr. 8 [!] b. Hauptbahnhof. Monatlich wechselnde Ausstellung moderner Graphik. Expressionisten. Impressionisten. Ankauf. Verkauf“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 21 v. November 1920, Anzeigenseite); „Kunstsalon Maria Kunde. Hamburg, „Bieberhaus“, am Hauptbahnhof. Graphik. Kupferstiche alter Meister. Hamburgensien. Kunstgewerbe. Monatlich wechselnde Ausstellungen . Reproduktionen nach alten und lebenden Meistern. Kunstliteratur“ (Anzeige in: Hamburger Kalender 1920, Anzeigenseite; Schleswig-Holsteinisches Jahrbuch 1920. Anzeigenseite); „Maria Kunde. Kunstsalon. Hamburg, Bieberhaus. Wechselnde Kunstausstellungen. Alte und moderne Graphik. Hamburgensien“ (Anzeige in: Der Sammler. Nr. 1 v. 1. 1. 1921, S. 16); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Ernst-Merckstr. 9 (Bieberhaus). Große Auswahl moderner Graphik. Impressionisten. Expressionisten. Kunstliteratur. Ausstellung im März: Junge Österreichische Graphiker“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 5 v. März 1921, Anzeigenseite); „Graphisches Kabinett Maria Kunde. Hamburg. Ernst Merck Strasse 9 (Bieberhaus). Große Auswahl moderner Graphik. Impressionisten. Expressionisten. Monatlich wechselnde Ausstellungen“ (Anzeige in: Kunsthalle zu Hamburg. Katalog der neueren Meister.- Hamburg 1922, Anzeigenseite [2]); „Maria Kunde. Hamburg I. Bieberhaus. Größte Auswahl in Piper-, Hanfstaengl-Drucken usw. Moderne Graphik. Rahmenwerkstatt. Kunstgewerbe“ (Anzeige in: Der Kreis. H. 12 v. Dezember 1929, S. 741); „MKunde [Signet]. Kunsthandlung. Kunstgewerbe. Ernst-Merck-Straße 9, Bieberhaus“ (Anzeige in: Aussteller-Verzeichnis der Hundert-Jahr-Ausstellung des Hamburger Künstler-Vereins.- Hamburg 1932, Anzeigenseite)
Ausstellungen:
1913: Exlibris
1917: Heinz Baden, Franz Radziwill, Heinrich Steinhagen; Alexander Friedrich
1919: „Der Grüne Regenbogen“ (Bremer Künstlervereinigung); Jussuff Abbo; Hans Leip; Emil Nolde
1920: Emil Maetzel, Dorothea Maetzel-Johannsen; Max Kaus; Walter Gramatté; Christian Rohlfs; Adja (Adia Madiain) Junker; Emil Nolde; Josef Achmann, Wilhelm Morgner, Paula Modersohn-Becker, Max Pechstein, Josef Seché (Graphik, Zeichnungen); Fritz Schaefler
1921: Karl Opfermann; Heinrich Stegemann; Druckgraphik und Aquarelle von Eduard Arnthal, Wilhelm Lehmbruck, Friedrich Lissmann, Franz Marc, Heinrich Nauen, Paul Adolf Seehaus;
Graphik von George Grosz, Paul Klee, Emil Maetzel, Dorothea Maetzel-Johannsen, Richard Seewald; Erich Hartmann, Ernst Lindemann (Aquarelle), „Junge Österreichische Graphiker“; Werner Gothein, Curt Stoermer
1922: Franz Gaudeck; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung); Max Kaus, Otto Herbig; Rolf Nesch, Josef Franz Huber
1923: Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck, Ernst Zimmermann, Augusta von Zitzewitz; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung);
1924: Heinrich Jaacks; Dora Hitz; Walter Gramatté (Aquarelle)
1925: Ernst Krantz (Druckgraphik, Aquarelle); Paul Klee, Kurt Schwitters, Hans Arp, Cesar Domela; Erich Brill; Alfred Mahlau (Aquarelle, Graphik, Entwürfe für Theaterdekorationen); Adja Junker, Karl Arste, Ernst Odefey; Karl Hofer (Bilder, Aquarelle, Zeichnungen), Frans Masereel (Holzschnitte und Bücher), El Lissitzky (Aquarelle und Lithographien); Erich Heckel, Walter Gramatté (Graphik); {Harriet von Rathlef-Keilmann (Holzreliefs, Graphiken und Zeichnungen)}
1926: Miklós Farkasházy; Eduard Bargheer; „Der Fels“ (Passauer Künstlervereinigung); „Dessauer Bauhaus“ (Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Gerhard Marcks, László Moholy-Nagy, Georg Muche, Oskar Schlemmer); Walter Gramatté; Heinrich Stegemann; Eduard Hopf, Paul Schwemer; Gustav Heinrich Wolff
1927: Adolf Schleicher; Heinrich Ehmsen; Rudolf Neugebauer; Eduard Bargheer (Gemälde und Aquarelle); Anita Rée; Georg Greve-Lindau
1928: Eduard Hopf, Albert Renger-Patzsch (Photographien), Ottilie Wollmann (Plastik)
1929: Klaus Wrage; Elfriede Lohse-Wächtler
1930: Kurt Lohse; Theodor Piering; Alfred Schröder; Hedwig Thun; Walter Junge; „Wiener Graphiker und Aquarellisten“; Hugo Erfurth („Lichtbildnisse berühmter Persönlichkeiten“); Erich Hartmann (Aquarelle und Zeichnungen)
1931: Else Weber
1932: Elfriede Lohse-Wächtler; R. Volkmer; Lore Feldberg-Eber; Erich Wessel; Hans Pluquet
1933: „Hannoversche Sezession“ (dabei u. a. Carl Buchheister, Kurt Schwitters, Friedrich Vordemberge-Gildewart)
1934: Werner Scholz
1936: Kurt Schürz (Aquarelle)
Verlag
Karl Prahl: 24 Original-Radierungen meist Hamburger Ansichten [zwischen 1908 und 1915 entstanden], 1916 (dabei u. a. Binnenalster bei Nacht, Alsterpavillon, Hamburger Hafen, Nikolaikirche, Katharinenkirche, Hamburger Straßenmusikanten, Hamburger Fischfrauen, Hof an der Drehbahn, Süderkanal); 7 Künstler-Steinzeichnungen, 1916 (dabei u. a. Hof im Schulgang, Binnenalster, Motiv aus Holland)
Ulli Wolters: 5 Künstler-Steinzeichnungen aus Braunschweig, 1916; 7 Künstler-Steinzeichnungen aus Hamburg, 1916; Strandleben in Wittenberg bei Hamburg, 1916; Brücke St. Paul und Fischmarkt, 1916
Bemerkung:
Der „Kunstsalon Maria Kunde“ wird in der vorliegenden Hamburg-Literatur (z. B. Edith Oppens 1969, S. 109; Roland Jaeger 1983, S. 40; Carsten Meyer-Tönnesmann 1985, S. 37, 296; Expressionistischer Aufbruch 2004, S. 42) mit einer Ausnahme (Maike Bruhns 2001, S. 224-225) jeweils lediglich mit einem Satz erwähnt, ohne je Näheres über Bestand, Ausstellungen oder die Inhaberinnen mitzuteilen.
Der im Juli 1911 von Maria Kunde (1876-1972) gegründete und am 1. September 1911 eröffnete „Kunstsalon Maria Kunde“ war im sogenannten „Bieberhaus“ (einem 1908-1910 von Johann Gottlieb Rambatz und Wilhelm Jollasse erbauten Büro- und Geschäftshaus in Hamburg-St. Georg) in der Ernst Merck-Strasse 9 zentral nächst dem Hauptbahnhof gelegen. Das Angebot umfasste nahezu alle Zweige des Kunsthandels: Neben dem grossen Lager an allen Arten von Graphik, Gemälden und Plastiken wurden auch Kunstgewerbe sowie Einrahmungen und das Reinigen und Auffrischen alter Bilder angeboten (Anzeige 1912, unbezeichneter Ausschnitt).
Während über Ausstellungen der Frühzeit nur wenig überliefert ist, dürfte sich die Kunsthändlerin innerhalb kurzer Zeit einen ausgezeichneten Ruf erworben haben. Bei der seit 1912 vorbereiteten und 1914 in Leipzig abgehaltenen „Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik“ (Bugra) wurde auch ein eigenes „Haus der Frau“ errichtet, dessen Wert „aber nicht nur in dem individuellen Reiz und der künstlerischen Schönheit [liegt], sondern vor allem in der sozialen Bedeutung, die ein geschlossener Überblick des Frauenschaffens in sich birgt. Es soll Verständnis und Interesse für ernste und tüchtige Frauenarbeit geweckt werden, um ihr allgemeine Anerkennung zu verschaffen und neue Berufe zu eröffnen.“ (Das Haus der Frau 1914, S. XIII). In dem von Emilie Winkelmann, der ersten Frau, die in Deutschland ein Architekturbüro eröffnete, erbauten Haus wurde in 15 Ausstellungsräumen der Anteil der Frauen auf den Gebieten Buch und Graphik ausgebreitet. Zwischen Freier Graphik, Reklame und Buchillustration wurde auch die „Frau als Sammlerin“ präsentiert, Raum VII war dem „Kunsthandel“ gewidmet. Erste Vorsitzende und für die Raumgestaltung verantwortlich war „Fräulein Maria Kunde, Hamburg“, zweite Vorsitzende war „Frau Else Beyer, Leipzig“ von der Kunsthandlung --> P. H. BEYER & SOHN. Im Katalog wird „programmatisches“ mitgeteilt: „Die Abteilung will die Tätigkeit der Frau als Kunsthändlerin zeigen. Als solcher liegt ihr die verantwortungsvolle Aufgabe ob, aus der Fülle der Schöpfungen, die Kunst und Kunstgewerbe hervorbringen, die geeignete Auswahl zu treffen, die dem Geschmack des Publikums Rechnung trägt, ohne ihm dabei unkünstlerische Konzessionen zu machen. Die Kunsthändlerin muß sich dabei bewußt sein, welch bedeutungsvoller Einfluß ihr als Vermittlerin zwischen Künstler und Publikum zu Gebote steht.“ (Das Haus der Frau 1914, S. 155). Ausgestellt wurden „auch Werke moderner und modernster, namentlich graphischer Künstler“ und um „den zeitgenössischen Künstlern in vollem Maße gerecht zu werden, ist ein monatlicher Wechsel der Ausstellung im Kunsthandel eine Notwendigkeit. Diese Regel der praktischen Geschäftsführung wird in der Abteilung Kunsthandel im ‚Hause der Frau’ ebenfalls befolgt.“ (Das Haus der Frau 1914, S. 155, 156)
Während des Krieges erschienen 1916 und 1917 im Verlag von Maria Kunde zahlreiche Radierungen und Lithographien des Hamburger Künstlers Karl Prahl (er wurde 1917 der Ehemann der Kunsthändlerin) und Lithographien von der in Hamburg geborenen und in Berlin-Charlottenburg lebenden Malerin und Graphikerin Ulli (Ulrike) Wolters.
Wenig später übersiedelte die Kunsthändlerin aus gesundheitlichen Gründen mit ihrem Ehemann nach Pinneberg (Schleswig-Holstein), später nach Kummerfeld und übergab die Kunsthandlung an die neuen Besitzerinnen.
Zwischen der Gründung und dem 1919 erfolgten Verkauf sind nur einige wenige Ausstellungen nachzuweisen. Sogar Gustav Schiefler nahm die Kunsthandlung in seiner Hamburger Kulturgeschichte erst wahr, als diese neue Besitzer hatte: „Neuerdings hat an der Ernst-Merck-Straße Maria Kunde eine Kunsthandlung aufgetan, in welcher mit gutem Geschmack eine große Auswahl der besten neueren Graphik zum Angebot gebracht wird.“ In einer Notiz in der Hamburger Zeitschrift „Die literarische Gesellschaft“ (H. 11 v. November 1919) heisst es: „Die neuen Besitzerinnen haben sich durch eine treffliche Schau von Graphik Emil Noldes eingeführt. Eine Ausstellung Schmidt-Rottluffs soll folgen.“
Unter dem Namen der Gründerin und bisherigen Inhaberin Maria Kunde wurde die Kunsthandlung unter der Bezeichnung „Graphisches Kabinett Maria Kunde“ am 1. Oktober 1919 von Gertrud Magnussen und Anna Menke übernommen und neu positioniert. In einer 1920 geschalteten Anzeige werden „Monatlich wechselnde Ausstellung moderner Graphik. Expressionisten. Impressionisten“ angekündigt (Der Cicerone. H. 21 v. November 1920, Anzeigenseite). Über die Neuübernahme und Eröffnungsausstellung berichtete auch Rosa Schapire: „Der Kunstsalon Maria Kunde ist in neue Hände übergegangen. Die Leiterinnen Gertrud Magnussen und Anna Menke - die erste durch ihre langjährige Tätigkeit bei Commeter [-> COMMETER] in Hamburger Sammlerkreisen gut eingeführt - haben ihr graphisches Kabinett mit einer Nolde-Ausstellung, die von programmatischer Bedeutung ist, eröffnet.“ (Der Cicerone. H. 22 v. 20. 11. 1919, S. 744)
1920 schrieb Gustav Pauli einen Bericht über Hamburg und die neue Kunst und erwähnte darin auch die wenigen Galerien: „Der hamburgische Kunsthandel beschäftigt sich gelegentlich mit neuer Kunst, eine Firma, die ausschließlich sich mit ihr beschäftigt, gibt es hier nicht. In Betracht kommen Ausstellungen im Kunstverein, bei Commeter [-> COMMETER], in den Hansa-Werkstätten [-> HANSA WERKSTÄTTEN], gelegentlich bei L. Bock & Sohn [-> BOCK] und Klamt [-> KUNSTHAUS DER ROTE BAUM] und für Graphik der Salon von Maria Kunde.“ (Gustav Pauli: Hamburg.- in: Der Ararat. München. H. 11/12 v. Dezember 1920, S. 144-145; Zitat S. 145) Für Hans W. Fischer, der 1922 den Hamburger Kunsthandel charakterisierte, gehörte Maria Kunde (neben -> COMMETER, -> BOCK und den -> HANSA-WERKSTÄTTEN) „zu den wenigen Hamburger Kunsthandlungen, die eine solide Ausgewogenheit mit gelegentlichen Experimenten verbinden“ (Hans W. Fischer 1998, S. 87)
Ein Mitarbeiter um 1921/1922 war Richard Haizmann, der seit 1920 den Kunsthandel in der Galerie -> GARVENS in Hannover erlernte um anschliessend bei Kunde „weitere Erfahrungen im Kunsthandel zu sammeln.“ (Richard Haizmann 1967, S. 243). 1922 wurde er selbst zum Kunsthändler (-> HAIZMANN).
Zum Kunsthandelsangebot gehörte neben dem Angebot von Kunstgewerbe auch eine Rahmenwerkstatt sowie „Reproduktionen nach alten und lebenden Meistern“ (Anzeige in: Hamburger Kalender 1920, Anzeigenseite), dabei auch „Größte Auswahl in Piper-, Hanfstaengl-Drucken“ (Anzeige in: Der Kreis. H. 12 v. Dezember 1929, S. 741), die sich an Liebhaber mit kleinem Budget wandte. Dazu gibt es eine Erinnerung an die Kunsthandlung aus der Mitte der Zwanzigerjahre: „Bei Maria Kunde gab es auch in großer Auswahl die ersten farbigen Piper-Drucke [erschienen seit 1923]. Die für Malerei interessierte Jugend Hamburgs war begeistert. Sich geliebte, moderne Bilder in guten Reproduktionen an die Wand zu hängen wurde Mode.“ (Edith Oppens 1969, S. 109)
Einer der Künstler, für den sich die Kunsthandlung besonders einsetzte, war der junge Hamburger Künstler Walter Gramatté. 1920 veranstaltete Kunde seine erste Ausstellung in Hamburg, zu der ein dekorativer Holzschnitt als Einladung verschickt wurde. Aus einem Brief des Künstlers an die Kunsthandlung kann geschlossen werden, dass Gramatté auch daran dachte, Kunde seine neuesten Druckgraphiken zum Vetrieb zu überlassen (Walter Gramatté 1982, S. 19). Die Ausstellung war ein Erfolg auf allen Linien: Für Rosa Schapire gab sie Anlass, in einer überregionalen Kunstzeitschrift über den Künstler zu schreiben (Der Cicerone. H. 14 v. 15. 7. 1920, S. 553-554), die Verkäufe scheinen auch befriedigend gewesen zu sein. An seinen Freund Edlef Koeppen schrieb Gramatté am 5. Juli 1920: „Ich habe in Hamburg gut verkauft und bin einen Teil meiner Schulden los […] Viel Graphik, alles in allem etwa für 14 bis 15 000 M.“ (Walter Gramatté 1982, S. 19). 1924 und 1926 folgten weitere Ausstellungen des Künstlers.
Neben der Präsentation von Hamburger Künstlern wie Eduard Bargheer (1926), Erich Brill (1925), Lore Feldberg-Eber (1932), Elfriede Lohse-Wächtler (1929 Friedrichsberger Köpfe (Aquarelle aus der ‚Irrenanstalt’ Friedrichsberg), Emil Maetzel (1920), Dorothea Maetzel-Johannsen (1920), Anita Rée (1927), Heinrich Stegemann (1921), Claus Wrage (1929)
setzte sich der Kunstsalon auch vermehrt für Malerinnen, Graphikerinnen und Bildhauerinnen ein. Bereits 1911 stellte Maria Kunde auf einem eigenen Stand auf der Leipziger Messe deutsche Malerinnen aus (Carsten Meyer-Tönnesmann 1985, S. 37), Lithographien der Berliner Künstlerin Ulli (Ulrike) Wolters erschienen im Verlag der Galerie und neben den bereits erwähnten Hamburger Künstlerinnen stellten noch u. a. Hedwig Thun (1930), Else Weber (1931), Ottilie Wollmann (1928 ), {Harriet von Rathlef-Keilmann (1925)} und Augusta von Zitzewitz (1923) aus.
Anna Menke musste 1938 aus der Galerie ausscheiden, da sie als Jüdin keine Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer (Abteilung III, Gruppe Buchhandel) fand. Gertrud Magnussen leitete die Galerie nun alleine, ehe diese am 1. März 1939 von Dr. Friedrich Hammer übernommen wurde und das Angebot in der Folge eingeschränkt auf „nur Kunstliteratur, ill. Werke“ (Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1940, S. 321) weitergeführt wurde. 1940 erhielt Ingeborg Hammer die Prokura und führte, da ihr Ehemann zur Wehrmacht eingezogen war, das Geschäft bis zum Bombenschaden im Juli 1943. Im April 1947 wurde die Galerie unter der Inhaberschaft von Ingeborg Hammer wieder eröffnet und feierte 1961 das 50jährige Bestandsjubiläum.
Nachweise:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Dressler 1923; Handbuch des Kunstmarktes 1926
Das Haus der Frau auf der Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914. [Umschlagtitel]. Zweite Auflage.- Leipzig 1914
H[ermann] Colshorn: 50 Jahre Kunstsalon Maria Kunde in Hamburg.- in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Nr. 70 v. 1. 9. 1961, S. 1366-1367
Edith Oppens: Der Mandrill. Hamburgs zwanziger Jahre.- Hamburg 1969
Carsten Meyer-Tönnesmann: Der Hamburgische Künstlerclub von 1897.- Hamburg 1985
Walter Gramatté 1897-1929. Eine Auswahl seiner Briefe. Hrsg. v. Ferdinand Eckhardt.- Berlin: Brücke-Museum 1982. (Brücke-Archiv. Heft 12, 1981/82.)
Hans W. Fischer: Hamburger Kulturbilderbogen. Eine Kulturgeschichte 1909-1922. Neu hrsg. v. Kai-Uwe Scholz [u. a.]- Hamburg 1998
Roland Jaeger, Cornelius Steckner: Zinnober. Kunstszene Hamburg 1919-1933.- Hamburg 1983
Maike Bruhns: Kunst in der Krise. Hamburger Kunst im „Dritten Reich“.- Hamburg 2001
Expressionistischer Aufbruch in Hamburg - Publikationen, Bilder, Künstlerfeste.- Hamburg 2004
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