Kunsthandlung Goyert
Werner J. Schweiger








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Merkliste
Werkdaten
Inventarnummer
BG-WJS-M-1,163
Person / Körperschaft
Erwähnung: Kunsthandlung Goyert (1918 - 1943)Werner J. Schweiger (1949 - 2011), Autor*inErwähnung: Wilhelm Rudolf Goyert (1887 - 1954)Erwähnung: Gertrud GoyertErwähnung: Ludwig LeufgensErwähnung: Kunsthandlung Goyert (Zweigstelle Köln)Erwähnung: Kunsthandlung Goyert (Zweigstelle Neuenahr)Erwähnung: Kunsthandlung Goyert (Zweigstelle Witten)Erwähnung: Kunsthandlung Goyert (Zweigstelle Stuttgart)
Titel
Kunsthandlung Goyert
Datierung
2005 - 2011
Gattung
Material / Technik
digital
Creditline
Zustiftung Christa M. Schweiger, Wien; und Wolfgang Wittrock, Berlin, 2005 - 2011
Konvolut
Kunstarchiv Werner J. Schweiger
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin, DE
Erwerbsjahr
2016
Erwerbsart
Sammlung
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
Eigentümer*in
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin, DE
Erwerbsjahr
2016
Erwerbsart
Zustiftung
Sammlung
Künstler*innen-Archive
Urheber*innenrecht
Berlinische Galerie / Wolfgang Wittrock
Texte
Transkription
GOYERT
KUNSTHAUS GOYERT
KUNSTHANDLUNG WILHELM GOYERT
Adresse: KÖLN, Preussen/Rheinprovinz (Nordrhein-Westfalen), Minoritenstrasse 21 (1919-1931); Minoritenstrasse 9 (1932-1934); Breitestrasse 1 (um 1934); Hohe Strasse 97-99 (1934-1943). Zweigstellen in Köln: Drususgasse 5-7 (1920-1922); Friesenplatz 15 (ab 1922); Unter Fettenhennen 11 (um 1925); Ludwigstrasse 18 (um 1926); Filialen ausserhalb von Köln (bis 1925): Neuenahr (Rheinprovinz), Witten an der Ruhr (Westfalen), Stuttgart (Württemberg)
Inhaber: Wilhelm Rudolf Goyert
Mitarbeiter: Gertrud Goyert, Ludwig Leufgens (Prokuristen)
Bestand: 1918-1943; 1945 bis zur Gegenwart
Charakteristik: Kunsthandlung, Kunstgewerbehandlung, Kunstverlag, Rahmenhandlung
„Kunsthaus Goyert. Köln. Minoritenstr. 21. Gemälde, Graphik, Plastik, Kunstgewerbe. Ankauf Verkauf. Angebote aus Privatz-Besitz mit näheren Angaben und Preis erbeten“ (Anzeige in: Katalog der grossen Kunstausstellung Düsseldorf 1920, Anzeigenseite V; ähnlich in: Der Kunstwanderer. 1. Aprilheft 1920, S. 305); „Kunsthaus Goyert. Hat ständig grösste Auswahl in Gemälden, Radierungen, Kunstblättern, Bronzen, Kunstgewerbl. Erzeugnissen“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Aprilheft 1920, S. 326); „Gemälde alter und neuer Meister, Graphik, Plastik, Kunstgewerbe“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 10 v. Mai 1920, Anzeigenseite); Kunsthandlungen Goyert. Galerie Drususgasse 5-7. In wechselnden Ausstellungen Alte und Neue Kunst. Kunsthandlung Minoritenstrasse 21. Ständig grösste Auswahl in Gemälden alter und moderner Künstler, Graphik, Plastik, erlesenem Kunstgewerbe, stilvolle Einrahmungen. Graphik-Verlag. Drususgasse 5-7. Radierungen erster Künstler in vorzüglichen signierten Abzügen. Neuerscheinung: 6 Radierungen von Hannemann. Ansichtssendungen bereitwilligst. Verlangen Sie Graphik-Offerte und neuerschienenen Prött-Katalog“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1920, S. 127); „Moderne Kunst, Originalgraphik. Kunsthandlung Wilhelm Goyert“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1. Dezemberheft 1920, S. 149); „Wechselnde Ausstellungen alte und neue Kunst“ (Anzeige in: Die Kunst. Dezember 1920, Anzeigenseite XI); „Ich suche einwandfreie Handzeichnungen nur erster Meister des 16.-18. Jahrhunderts zu kaufen“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1./2. Juliheft 1922, S. 510; Der Sammler. Nr. 26 v. 1. 7. 1922, S. 414); „Alte Meister: Bol, Leonhard Bramer, Claesz Heda, Mommers, Pourbus. Neue Meister: Defregger, van Gogh, Ferd. Keller, Liebermann, Trübner. Feininger, Heckel, Rohlfs. Plastiken, Alte Möbel“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1. Oktoberheft 1922, S. 63; ähnlich auch in Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 2 v. 13. 10. 1922, Umschlagseite 3); „Galerie Goyert. Köln. Unter Fettenhennen 11 (Café Reichard), Gemälde erster Meister aller Zeiten. Kunsthaus Goyert, Köln. Minoritenstraße 21. Das Haus der vornehmen Geschenke. Graphik, Kunstgewerbe, Gemälde“ (Anzeige in: Die Kunst. H. 8 v. Mai 1925, Anzeigenseite XVIII)
Ausstellungen:
1919: Rudolf Belling
1920: Josef Weiss, Paul Prött; Münchner Schule, alte Meister; Dr. [Walter] Kühne, Schweitzer [wohl der der Stuttgarter Maler und Radierer Erwin Schweitzer], Friedrich August Weinzheimer; Heinrich Reifferscheidt, Walter Waentig; Ise [Luise Charlotte] Hanf[-Weinholt] (Aquarelle, Holzschnitte, Farbstiche), Georg Herman Gelbke; Lovis Corinth (Graphik)
Eröffnungsausstellung des Hauses „Neuwacht“, Drususgasse 5-7 mit Werken von Heinrich von Boddien, Hans Brass, Kinner von Dressler, Josef Eberz, Waldemar Eckertz, Lyonel Feininger, Paul Gösch, Erich Heckel, Oswald Herzog, Bernhard Hoetger, Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka, Paul Klee, César Klein, Moriz Melzer, Max Pechstein, Pablo Picasso, Curt Hermann Rosenberg, Maria Strakosch, Fritz Stuckenberg, Carl Emil Uphoff, Fritz Uphoff, Carl Völker, Erich Waske, Willy Zierath
1921: Max Pechstein, Rudolf Belling; Erich Waske, Bernhard Hoetger; Christian Rohlfs; Paul Prött, Friedrich August Weinzheimer; Franz M. Jansen; Karl Schmidt-Rottluff, Arnold Clementschitsch
1922: Matthias May; Eröffnungsausstellung der Ausstellungsräume Friesenplatz 15 (dabei u. a. Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Arnold Schmidt-Niechciol, Christian Rohlfs, Wilhelm Busch, Paula Becker-Modersohn, Max Liebermann, Wilhelm Trübner, Anselm Feuerbach, Angelo Jank, Walter Geffcken); Paul Thiem; Lyonel Feininger, Köster (Köln), Carl Gunschmann
1923: Waldemar Coste, Adèle Lilljeqvist; Matthias May; Angelo Jank, Ludwig Otto Dill;
1924: Otto Pippel, Hans Volkmann; Lovis Corinth
1925: Friedrich Heubner
1926: Conrad Pfau
Verlag:
Die im Verlag von v. ELSNER & SPIEKERMANN erschienenen Werke wurden von Goyert weitervertrieben und das Angebot durch neue Arbeiten und neu in den Verlag aufgenommene Künstler (dabei u. a. Hubert Hannemann, Hermann Peters, Bernard Schumacher) erweitert.
1919 erschien eine Mappe mit sechs Radierungen von F[riedrich] A[ugust] Weinzheimer: „Dante’s Inferno, Opus I“ (Anzeige in: Die Kunst. H. 9 v. Juni 1919, Anzeigenseite IX), 1920 erschien ein Graphik-Katalog: „Die Kunsthandlung Goyert versendet soeben ihren neuesten Graphik-Katalog. Im Eigenverlag dieses Kunsthauses scheinen die graphischen Arbeiten von Sepp Frank, Paul Pröst [Prött], Waentig, F. M. Jansen, F. A. Weinzheimer, Schumacher-Berlin, Josef Weiß, Wildermann, Peters, v. d. Hoff und anderen.“ (Der Cicerone. H. 7 v. 13. 4. 1920, S.302; ähnlich in: Der Kunstwanderer. 1. Aprilheft 1920, S. 300). Ebenfalls 1920 erschienen von Paul Prött die beiden Mappenwerke „Köln“ und „Der Rhein“(Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Juniheft 1920, S. 409). „Die schönen Bauten und geheimen Gassen Kölns haben den Künstler für seine neuen Blätter angeregt. Auch unter den Rheinmotiven hat Prött die schönsten herausgegriffen. Über das graphische Werk Prötts orientiert ein mit zahlreichen Illustrationen geschmückter Prospekt, den das Haus Goyert soeben herausgab.“ (Der Kunstwanderer. 2. Juniheft 1920, S. 409).
Im Herbst 1920 erschienen sechs Radierungen von Hubert Hannemann (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1920, S. 127), 1921 werden in einer Anzeige die Künstler des Graphikverlages genannt: Sepp Frank, Hubert Hannemann, H[einrich] von den Hoff, H[ermann] Peters, Paul Prött, B[ernard] Schumacher, Walter Waentig, Hans Wildermann, F[riedrich] A[ugust] Weinzheimer (Anzeige in: H. M. Pechstein und Rudolf Belling. Buch III der Galerie Goyert [1921], Anzeigenseite).
Zwischen November 1920 und August 1921 erschienen sechs Kataloge zu Ausstellungen und dem Galerieangebot der Galerie:
Neue Kunst. Erstes Buch der Galerie Goyert [November 1920]
Alte Meister. Zweites Buch der Galerie Goyert [1920]
H. M. Pechstein, Rudolf Belling. Drittes Buch der Galerie Goyert [Februar 1921]
Erich Waske. Viertes Buch der Galerie Goyert [April 1921]
Christian Rohlfs. Fünftes Buch der Galerie Goyert [Mai 1921]
F. M. Jansen. Sechstes Buch der Galerie Goyert [August 1921]
Bemerkung:
Wilhelm Rudolf Goyert (1887-1954) stammte aus Witten an der Ruhr und begann seine Kunsthandelskarriere als Angestellter in der 1908 gegründeten Kölner Kunsthandlung v. ELSNER & SPIEKERMANN, wo er am 1. Februar 1913 Mitinhaber wurde.
Mit 1. April 1918 übernahm Wilhelm Goyert die Kunsthandlung und führte sie unter eigenem Namen als „Kunsthaus Goyert“. Ihm zur Seite stand seine Frau Gertrud Goyert (1891-1947), ausgestattet mit Gesamtprokura.
Bereits 1919 dürfte Goyert an eine Ausweitung des Geschäftes gedacht haben, denn per Anzeigen suchte er einen Mitarbeiter. „Erste kunsthändlerische Kraft mit bester Allgemeinbildung gesucht. Derselbe muss auf dem Gebiet der Graphik und im Gemäldeverkauf durchaus bewandert sein und nebst besten Umgangsformen ein gutes Verkaufstalent besitzen. Gehalt der Stellung und Leistung entsprechend. Vollständige Beherrschung der englischen und französischen Sprache Bedingung. Angebote mit Bild umgehend erbeten an Kunsthandlung Wilhelm Goyert, Köln am Rhein, Minoritenstr. 21“ (Anzeige in: Kunst und Künstler. H. 2 v. November 1919, Anzeigenseite 3; Die Kunst. H. 2 v. November 1919, Anzeigenseite S. XVIII).
Bereits im Frühjahr 1920 wurden von der Galerie Goyert erste Meldungen über den Neubau einer „Gemälde-Galerie großen Stils“ an die Kunstpresse gegeben (Der Kunstwanderer. 2. Aprilheft 1920, S. 321; Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 31 v. 30. 4. 1920, S. 599). Die geplante Eröffnung „Mitte dieses Jahres“ konnte jedoch nicht eingehalten werden und verschob sich in den Spätherbst.
„Das Kunsthaus Goyert eröffnete unter dem Namen ‚Haus Neuwacht’ seinen Ausstellungsbau, der von jungen Kölner Künstlern unter sehr geschickter Ausnützung der vorhandenen Räumlichkeiten gestaltet wurde, mit einer großen Kunstschau, die auch alte, vorwiegend aber expressionistische Werke bringt; man liest vielgenannte Namen […]“ (Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 13 v. 24. 12. 1920,S. 249).
Architekten des Hauses mit 800 m² Nutzfläche waren Hermann Sauren und Hans Hansen, Teile der Ausstattung stammten von der Frechener Keramik (Egon Heeg 1992, Objektliste 63, Abb. S. 197). Die Namensgebung des Hauses „Neuwacht“ stammte von Rudolf Steiner, dessen anthroposophischer Bewegung Wilhelm Goyert nahe stand. Goyert war auch der Initiator für die Gründung einer Waldorfschule in Köln, die unter dem Namen „Freie Neuwachtschule Köln“ Ostern 1921 im Haus seiner Galerie ihre Tätigkeit begann (Archiv Seminar für Waldorfpädagogik, Stuttgart; Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland. H. 30, 1954, S. 182-184).
Das Plakat der Eröffnungsausstellung stammte von dem Kölner Bildhauer Heinz Geier (Der optische Skandal 1992, Nr. 39, bezeichnet H. Geier), „die Eröffnung vollzog sich in ernster Feierlichkeit. Der Direktor des Wallraf-Richartz-Museum Professor Dr. [Karl] Schäfer sprach über die Bedeutung dieses Kunstunternehmens“ (Der Kunstwanderer. 2. Dezemberheft 1920, S. 165). Im Katalog der Eröffnungsausstellung wird das „Programm“ der Galerie dargelegt: „In diesem Sinne wollen die Veranstaltungen der Galerie Goyert in Haus Neuwacht einer Forderung der Besten unserer Zeit gerecht werden, und dem gesamten Kunstwirken ganz gleich welcher Art, Richtung, Nation oder Weltanschauung - wenn es sich nur in echter, ernster Weise künstlerisch gestaltend gibt - wahres Kunstschaffen ist, - durch wechselnde Ausstellung und Vorträge über Kunst und ihre Bestrebungen eine Pflegestätte und Wirksamkeit bieten.“ (Neue Kunst. Erstes Buch der Galerie Goyert/Köln am Rhein. [November 1920] S. 5-6)
Zahlreiche überregionale Kunstzeitschriften berichteten über den Neubau: „Ende November ist hier die neue Galerie Goyert gegenüber dem Wallraf-Richartz-Museum eröffnet worden. Es fehlte der Stadt Köln bisher ein eigentliches Kunstzentrum, welches außer den Toten auch den Lebenden und Schaffenden eine Heimstätte sein konnte. Durch das Goyertsche Kunsthaus hat die Stadt nun ein ihrer Entwicklung angemessenes Kunstzentrum erhalten. […] Daß die Kunsthandlung Goyert unter den heutigen, für einen Neubau so außerordentlich ungünstigen Zeiten den Mut zur Schaffung dieses Kunsthauses gefunden hat, muß in der Tat bewundert werden. Es ist aufs dringlichste zu hoffen, dass dem großzügigen Unternehmen […] die besten Erfolge beschieden sein mögen. Die Galerie besteht zunächst aus einer Ausstellungshalle für Plastiken und Kunstgewerbe, dann dem eigentlichen Ausstellungsraum für Gemälde. Im ersten Stock befindet sich ein weiterer Ausstellungsraum, der zugleich als Saal für Vorträge, die in fortlaufender Reihe gedacht sind, dient. Ferner finden sich die Räume für den Kunstverlag […] und schließlich sind noch Werkstätten für Schreinerei und Bildereinrahmerei angeschlossen.“ (Die Kunst. H. 4/5 v. Januar/Februar 1921, Anzeigenseite S. IX) Ergänzt werden die Ausstellungsräume durch „kleinere Seitenkabinette für graphische Kunst“, womit Köln „in dieser Galerie heute ein Instrument [hat], wie es keine andere deutsche Großstadt hat.“ (Der Cicerone. H. 1 v. 13. 1. 1921, S. 36). Im erwähnten grossen Saal fanden später auch Kammermusikabende statt.
So positiv die Errichtung des Kunsthauses besprochen wurde, so kritisch wurde die Eröffnungsausstellung bewertet. Da liest man von „erschreckender Durchschnittlichkeit“ (Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 13 v. 24. 12. 1920,S. 249), Transportschwierigkeiten der Zeit und andere Probleme werden verantwortlich gemacht, dass „sehr viel in der Ausstellung auch sehr entbehrlich [war], so daß der Wunsch, daß das außerordentlich begrüßenswerte Unternehmen in den künftigen Ausstellungen eine schärfere Auswahl nach der Seite der Qualität hin treffen möge, nicht unterdrückt werden kann.“ (Die Kunst. H. 4/5 v. Januar/Februar 1921, Anzeigenseite S. IX) und Alfred Salmony, der Köln-Korrespondent des „Kunstblatt“ resumierte: „Der Salon könnte in Köln eine Mission haben, wenn er zu der guten Richtung ein sicheres Qualitätsgefühl fügen würde.“ (Das Kunstblatt. H. 1 v. Januar 1921, S. 32, gezeichnet: A. S.)
Die geäusserte Kritik schien auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. „Endlich begreift man, daß in solche Räume wirkliche Kunstwerke gehören“ (Das Kunstblatt. H. 4 v. April 1921, S. 127) und die „rührige Galerie Goyert, die an Kosten nicht spart, um den sterilen Boden des heiligen Köln für die moderne Kunst aufzulockern“ (Der Cicerone. H. 5 v. 10. 3. 1921, S. 162) präsentierte von Februar bis März 1921 eine Ausstellung mit Gemälden von Max Pechstein und Plastiken von Rudolf Belling. „Nach der Enttäuschung, die die Galerie Goyert in Köln mit ihrer Eröffnungsausstellung erlebte, ist ihr der Erfolg, den sie mit der Pechstein-Ausstellung erzielte, voll zu gönnen. Eine Reihe rheinischer Privatsammler haben Werke dieses berlinischsten Expressionistenführers erworben. Außerdem zeigt Belling […] Bildwerke. Ein sehr schöner Katalog ist erschienen, in dem Hans Geier, Paul Fechter, Paul Erich Küppers und Belling selbst die Ausstellung erläutern.“ (Der Querschnitt. H. 2/3, 1921, S. 91)
Es folgten Präsentationen von Erich Waske (April-Mai 1921), Christian Rohlfs (Juli 1921) und Franz Maria Jansen (September 1921), jeweils begleitet von einem umfangreichen Katalog. Diese Kataloge wurde jeweils als [erstes bis sechstes] „Buch der Galerie Goyert“ bezeichnet, die genutzt wurden, „um Exempel expressionistischer Umschlag- bzw. Einbandkunst zu statuieren. Die 'Bücher der Galerie Goyert' in Köln sind hier von Bedeutung, Kataloghefte billigsten Papieres, doch mit Original-Holzschnitten auf dem Einband“ (Lothar Lang 1993, S. 57).
Goyert nahm die noch recht junge Tradition auf, Ausstellungskataloge mit Originalgraphiken (vor allem Holzschnitte) auszustatten, wie es vor ihm schon die Münchener Galerie GOLTZ, die Dresdner Kunsthandlungen ARNOLD und RICHTER und SCHAMES in Frankfurt am Main getan haben. Der wahrscheinlich erste Kunsthändler, der seinen Katalogen gelegentlich Originalradierungen beifügte war Ende des 19. Jahrhunderts GURLITT in Berlin.
Die Zeitumstände zwangen Goyert, das neuerbaute Haus bereits 1921 wieder zu verkaufen .
„Es ist außerordentlich bedauerlich, daß in einer Stadt wie Köln ein solches Unternehmen, welches von dem Erbauer mit großen finanziellen Opfern und großem Idealismus angefasst wurde, nicht bestehen konnte. Vorläufig befinden sich die Ausstellungsräume in der I. Etage im selben Haus. Die Galerie Goyert wird im kommenden Jahre neue große Ausstellungsräume eröffnen.“ (Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1921, S. 132).
Im Dezember 1921 versuchte Goyert sich auch im Auktionshandel zu etablieren, es ist jedoch nur eine Versteigerung nachzuweisen: Sammlung des Freiherrn von Seckendorff mit Werken von Heinrich von Zügel, Hans von Marées, Hans Thoma, Gabriel von Max, Franz von Lenbach u. a. (Die Kunst. H. 4 v. Januar 1922, Anzeigenseite XIII).
1920 und 1921 beteiligte sich die Galerie auch mit Leihgaben an Ausstellungen ausserhalb Kölns: 1920 war Goyert Leihgeber der Paul Klee-Ausstellung bei GOLTZ in München (Der Ararat 1920, Nr. 62, 149, 168), 1921 war Goyert mit den Künstlern Heinrich Nauen und Christian Rohlfs bei einer Ausstellung in Basel vertreten (Moderne Deutsche Malerei 1921, Nr. 55, 78, 79).
Während die Ausstellungen im „Haupthaus“ Minoritenstrasse 21 weiterliefen, eröffnete Wilhelm Goyert im Mai 1922 neue Ausstellungsräume am Friesenplatz 15. Um 1925 gab es Räume Unter Fettenhennen 11 (auch Sitz der Galerien S. SALZ, DR. JAFFE-ALICE GUTTMANN
und BECKER-NEWMANN), um 1926 in der Ludwigstrasse 18. Darüber hinaus gründete Goyert drei Filialen ausserhalb von Köln in Neuenahr (Rheinprovinz), Witten an der Ruhr (Westfalen) und in Stuttgart (Württemberg), die alle 1925 aufgegeben wurden (Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1926, Abteilung II, S. 16).
Um 1932 übersiedelte Goyert in die Minoritenstrasse 9, später kurzfristig in die Breitestrasse 1 und 1934 in die Hohe Strasse 97-99, wo die Galerie bis 1943 bestand. Wie sehr sowohl Goyert als auch seine Künstler unter Beobachtung standen, belegen die zahlreichen Nennungen in Wolfgang Willrichs „Säuberung des Kunsttempels“, wo die Galerie abwertend „Goyert-Laden“ genannt wird (Willrich 1938, S. 71, 97, 170, 172). „In der Zeit der ‚entarteten Kunst’ mussten alle Bestände an Aquarellen und Graphiken von Otto Müller, Emil Nolde oder Paul Klee unter dem Ladentisch verschwinden; dieser ‚Ladentisch’ war aber auch einigen Kölnern bekannt, und so konnten sie hin und wieder für 2 oder 5 Mark eine expressionistische Graphik erwerben.“ (Goyert 1984, S. [6]).
Das Haus und damit auch alle Geschäftsunterlagen wurden im Juni 1943 durch Bombardierung zerstört. Nach der Übersiedlung nach Köln-Braunsfeld wurde auch das Haus in der Raschdorffstrasse zerstört und der Kunsthandel ruhte bis zum Neubeginn 1945. (65 Jahre Kunsthandlung Goyert.- in: Der Kunsthandel. Nr. 10 v. Oktober 1984, S. 24). Heute ist die Galerie in der Hahnenstrasse 18 in dritter Generation in Familienbesitz. 1984 wurde anlässlich von „65 Jahre Goyert“ eine schmale Broschüre mit 20 Seiten Umfang veröffentlicht, die das (falsche) Gründungsjahr 1919 im Titel führt: Goyert. Seit 1919 in Köln [1984].
Nachweise:
Archiv:
Stuttgart: Archiv Seminar für Waldorfpädagogik
Literatur:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Dressler 1923; Handbuch des Kunstmarktes 1926; Maecenas 1927; Maecenas 1930; Dressler 1930
Der Ararat. Zweites Sonderheft. Paul Klee. Katalog der 60. Ausstellung der Galerie Neue Kunst Hans Goltz Mai-Juni 1920
Moderne Deutsche Malerei.- Kunsthalle Basel 1921
Wolfgang Willrich: Säuberung des Kunsttempels. Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art. Zweite Auflage.- München, Berlin 1938
Rudolf Meyer: Wilhelm Rudolf Goyert.- in: Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland. H. 30, 1954, S. 182-184
Goyert. Seit 1919 in Köln.- [Köln 1984]
Der optische Skandal. Plakatkunst von Toulouse-Lautrec bis Art Deco.- Wien 1992
Egon Heeg: Die Köln-Frechener Keramik des Toni Ooms 1919-1934.- Köln 1992
Lothar Lang: Expressionismus und Buchkunst in Deutschland 1907 -1927. 2. verbesserte und ergänzte Auflage.- Leipzig 1993
Transkription
GOYERT
KUNSTHAUS GOYERT
KUNSTHANDLUNG WILHELM GOYERT
Adresse: KÖLN, Preussen/Rheinprovinz (Nordrhein-Westfalen), Minoritenstrasse 21 (1919-1931); Minoritenstrasse 9 (1932-1934); Breitestrasse 1 (um 1934); Hohe Strasse 97-99 (1934-1943). Zweigstellen in Köln: Drususgasse 5-7 (1920-1922); Friesenplatz 15 (ab 1922); Unter Fettenhennen 11 (um 1925); Ludwigstrasse 18 (um 1926); Filialen ausserhalb von Köln (bis 1925): Neuenahr (Rheinprovinz), Witten an der Ruhr (Westfalen), Stuttgart (Württemberg)
Inhaber: Wilhelm Rudolf Goyert
Mitarbeiter: Gertrud Goyert, Ludwig Leufgens (Prokuristen)
Bestand: 1918-1943; 1945 bis zur Gegenwart
Charakteristik: Kunsthandlung, Kunstgewerbehandlung, Kunstverlag, Rahmenhandlung
„Kunsthaus Goyert. Köln. Minoritenstr. 21. Gemälde, Graphik, Plastik, Kunstgewerbe. Ankauf Verkauf. Angebote aus Privatz-Besitz mit näheren Angaben und Preis erbeten“ (Anzeige in: Katalog der grossen Kunstausstellung Düsseldorf 1920, Anzeigenseite V; ähnlich in: Der Kunstwanderer. 1. Aprilheft 1920, S. 305); „Kunsthaus Goyert. Hat ständig grösste Auswahl in Gemälden, Radierungen, Kunstblättern, Bronzen, Kunstgewerbl. Erzeugnissen“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Aprilheft 1920, S. 326); „Gemälde alter und neuer Meister, Graphik, Plastik, Kunstgewerbe“ (Anzeige in: Der Cicerone. H. 10 v. Mai 1920, Anzeigenseite); Kunsthandlungen Goyert. Galerie Drususgasse 5-7. In wechselnden Ausstellungen Alte und Neue Kunst. Kunsthandlung Minoritenstrasse 21. Ständig grösste Auswahl in Gemälden alter und moderner Künstler, Graphik, Plastik, erlesenem Kunstgewerbe, stilvolle Einrahmungen. Graphik-Verlag. Drususgasse 5-7. Radierungen erster Künstler in vorzüglichen signierten Abzügen. Neuerscheinung: 6 Radierungen von Hannemann. Ansichtssendungen bereitwilligst. Verlangen Sie Graphik-Offerte und neuerschienenen Prött-Katalog“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1920, S. 127); „Moderne Kunst, Originalgraphik. Kunsthandlung Wilhelm Goyert“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1. Dezemberheft 1920, S. 149); „Wechselnde Ausstellungen alte und neue Kunst“ (Anzeige in: Die Kunst. Dezember 1920, Anzeigenseite XI); „Ich suche einwandfreie Handzeichnungen nur erster Meister des 16.-18. Jahrhunderts zu kaufen“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1./2. Juliheft 1922, S. 510; Der Sammler. Nr. 26 v. 1. 7. 1922, S. 414); „Alte Meister: Bol, Leonhard Bramer, Claesz Heda, Mommers, Pourbus. Neue Meister: Defregger, van Gogh, Ferd. Keller, Liebermann, Trübner. Feininger, Heckel, Rohlfs. Plastiken, Alte Möbel“ (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 1. Oktoberheft 1922, S. 63; ähnlich auch in Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 2 v. 13. 10. 1922, Umschlagseite 3); „Galerie Goyert. Köln. Unter Fettenhennen 11 (Café Reichard), Gemälde erster Meister aller Zeiten. Kunsthaus Goyert, Köln. Minoritenstraße 21. Das Haus der vornehmen Geschenke. Graphik, Kunstgewerbe, Gemälde“ (Anzeige in: Die Kunst. H. 8 v. Mai 1925, Anzeigenseite XVIII)
Ausstellungen:
1919: Rudolf Belling
1920: Josef Weiss, Paul Prött; Münchner Schule, alte Meister; Dr. [Walter] Kühne, Schweitzer [wohl der der Stuttgarter Maler und Radierer Erwin Schweitzer], Friedrich August Weinzheimer; Heinrich Reifferscheidt, Walter Waentig; Ise [Luise Charlotte] Hanf[-Weinholt] (Aquarelle, Holzschnitte, Farbstiche), Georg Herman Gelbke; Lovis Corinth (Graphik)
Eröffnungsausstellung des Hauses „Neuwacht“, Drususgasse 5-7 mit Werken von Heinrich von Boddien, Hans Brass, Kinner von Dressler, Josef Eberz, Waldemar Eckertz, Lyonel Feininger, Paul Gösch, Erich Heckel, Oswald Herzog, Bernhard Hoetger, Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka, Paul Klee, César Klein, Moriz Melzer, Max Pechstein, Pablo Picasso, Curt Hermann Rosenberg, Maria Strakosch, Fritz Stuckenberg, Carl Emil Uphoff, Fritz Uphoff, Carl Völker, Erich Waske, Willy Zierath
1921: Max Pechstein, Rudolf Belling; Erich Waske, Bernhard Hoetger; Christian Rohlfs; Paul Prött, Friedrich August Weinzheimer; Franz M. Jansen; Karl Schmidt-Rottluff, Arnold Clementschitsch
1922: Matthias May; Eröffnungsausstellung der Ausstellungsräume Friesenplatz 15 (dabei u. a. Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Arnold Schmidt-Niechciol, Christian Rohlfs, Wilhelm Busch, Paula Becker-Modersohn, Max Liebermann, Wilhelm Trübner, Anselm Feuerbach, Angelo Jank, Walter Geffcken); Paul Thiem; Lyonel Feininger, Köster (Köln), Carl Gunschmann
1923: Waldemar Coste, Adèle Lilljeqvist; Matthias May; Angelo Jank, Ludwig Otto Dill;
1924: Otto Pippel, Hans Volkmann; Lovis Corinth
1925: Friedrich Heubner
1926: Conrad Pfau
Verlag:
Die im Verlag von v. ELSNER & SPIEKERMANN erschienenen Werke wurden von Goyert weitervertrieben und das Angebot durch neue Arbeiten und neu in den Verlag aufgenommene Künstler (dabei u. a. Hubert Hannemann, Hermann Peters, Bernard Schumacher) erweitert.
1919 erschien eine Mappe mit sechs Radierungen von F[riedrich] A[ugust] Weinzheimer: „Dante’s Inferno, Opus I“ (Anzeige in: Die Kunst. H. 9 v. Juni 1919, Anzeigenseite IX), 1920 erschien ein Graphik-Katalog: „Die Kunsthandlung Goyert versendet soeben ihren neuesten Graphik-Katalog. Im Eigenverlag dieses Kunsthauses scheinen die graphischen Arbeiten von Sepp Frank, Paul Pröst [Prött], Waentig, F. M. Jansen, F. A. Weinzheimer, Schumacher-Berlin, Josef Weiß, Wildermann, Peters, v. d. Hoff und anderen.“ (Der Cicerone. H. 7 v. 13. 4. 1920, S.302; ähnlich in: Der Kunstwanderer. 1. Aprilheft 1920, S. 300). Ebenfalls 1920 erschienen von Paul Prött die beiden Mappenwerke „Köln“ und „Der Rhein“(Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Juniheft 1920, S. 409). „Die schönen Bauten und geheimen Gassen Kölns haben den Künstler für seine neuen Blätter angeregt. Auch unter den Rheinmotiven hat Prött die schönsten herausgegriffen. Über das graphische Werk Prötts orientiert ein mit zahlreichen Illustrationen geschmückter Prospekt, den das Haus Goyert soeben herausgab.“ (Der Kunstwanderer. 2. Juniheft 1920, S. 409).
Im Herbst 1920 erschienen sechs Radierungen von Hubert Hannemann (Anzeige in: Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1920, S. 127), 1921 werden in einer Anzeige die Künstler des Graphikverlages genannt: Sepp Frank, Hubert Hannemann, H[einrich] von den Hoff, H[ermann] Peters, Paul Prött, B[ernard] Schumacher, Walter Waentig, Hans Wildermann, F[riedrich] A[ugust] Weinzheimer (Anzeige in: H. M. Pechstein und Rudolf Belling. Buch III der Galerie Goyert [1921], Anzeigenseite).
Zwischen November 1920 und August 1921 erschienen sechs Kataloge zu Ausstellungen und dem Galerieangebot der Galerie:
Neue Kunst. Erstes Buch der Galerie Goyert [November 1920]
Alte Meister. Zweites Buch der Galerie Goyert [1920]
H. M. Pechstein, Rudolf Belling. Drittes Buch der Galerie Goyert [Februar 1921]
Erich Waske. Viertes Buch der Galerie Goyert [April 1921]
Christian Rohlfs. Fünftes Buch der Galerie Goyert [Mai 1921]
F. M. Jansen. Sechstes Buch der Galerie Goyert [August 1921]
Bemerkung:
Wilhelm Rudolf Goyert (1887-1954) stammte aus Witten an der Ruhr und begann seine Kunsthandelskarriere als Angestellter in der 1908 gegründeten Kölner Kunsthandlung v. ELSNER & SPIEKERMANN, wo er am 1. Februar 1913 Mitinhaber wurde.
Mit 1. April 1918 übernahm Wilhelm Goyert die Kunsthandlung und führte sie unter eigenem Namen als „Kunsthaus Goyert“. Ihm zur Seite stand seine Frau Gertrud Goyert (1891-1947), ausgestattet mit Gesamtprokura.
Bereits 1919 dürfte Goyert an eine Ausweitung des Geschäftes gedacht haben, denn per Anzeigen suchte er einen Mitarbeiter. „Erste kunsthändlerische Kraft mit bester Allgemeinbildung gesucht. Derselbe muss auf dem Gebiet der Graphik und im Gemäldeverkauf durchaus bewandert sein und nebst besten Umgangsformen ein gutes Verkaufstalent besitzen. Gehalt der Stellung und Leistung entsprechend. Vollständige Beherrschung der englischen und französischen Sprache Bedingung. Angebote mit Bild umgehend erbeten an Kunsthandlung Wilhelm Goyert, Köln am Rhein, Minoritenstr. 21“ (Anzeige in: Kunst und Künstler. H. 2 v. November 1919, Anzeigenseite 3; Die Kunst. H. 2 v. November 1919, Anzeigenseite S. XVIII).
Bereits im Frühjahr 1920 wurden von der Galerie Goyert erste Meldungen über den Neubau einer „Gemälde-Galerie großen Stils“ an die Kunstpresse gegeben (Der Kunstwanderer. 2. Aprilheft 1920, S. 321; Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 31 v. 30. 4. 1920, S. 599). Die geplante Eröffnung „Mitte dieses Jahres“ konnte jedoch nicht eingehalten werden und verschob sich in den Spätherbst.
„Das Kunsthaus Goyert eröffnete unter dem Namen ‚Haus Neuwacht’ seinen Ausstellungsbau, der von jungen Kölner Künstlern unter sehr geschickter Ausnützung der vorhandenen Räumlichkeiten gestaltet wurde, mit einer großen Kunstschau, die auch alte, vorwiegend aber expressionistische Werke bringt; man liest vielgenannte Namen […]“ (Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 13 v. 24. 12. 1920,S. 249).
Architekten des Hauses mit 800 m² Nutzfläche waren Hermann Sauren und Hans Hansen, Teile der Ausstattung stammten von der Frechener Keramik (Egon Heeg 1992, Objektliste 63, Abb. S. 197). Die Namensgebung des Hauses „Neuwacht“ stammte von Rudolf Steiner, dessen anthroposophischer Bewegung Wilhelm Goyert nahe stand. Goyert war auch der Initiator für die Gründung einer Waldorfschule in Köln, die unter dem Namen „Freie Neuwachtschule Köln“ Ostern 1921 im Haus seiner Galerie ihre Tätigkeit begann (Archiv Seminar für Waldorfpädagogik, Stuttgart; Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland. H. 30, 1954, S. 182-184).
Das Plakat der Eröffnungsausstellung stammte von dem Kölner Bildhauer Heinz Geier (Der optische Skandal 1992, Nr. 39, bezeichnet H. Geier), „die Eröffnung vollzog sich in ernster Feierlichkeit. Der Direktor des Wallraf-Richartz-Museum Professor Dr. [Karl] Schäfer sprach über die Bedeutung dieses Kunstunternehmens“ (Der Kunstwanderer. 2. Dezemberheft 1920, S. 165). Im Katalog der Eröffnungsausstellung wird das „Programm“ der Galerie dargelegt: „In diesem Sinne wollen die Veranstaltungen der Galerie Goyert in Haus Neuwacht einer Forderung der Besten unserer Zeit gerecht werden, und dem gesamten Kunstwirken ganz gleich welcher Art, Richtung, Nation oder Weltanschauung - wenn es sich nur in echter, ernster Weise künstlerisch gestaltend gibt - wahres Kunstschaffen ist, - durch wechselnde Ausstellung und Vorträge über Kunst und ihre Bestrebungen eine Pflegestätte und Wirksamkeit bieten.“ (Neue Kunst. Erstes Buch der Galerie Goyert/Köln am Rhein. [November 1920] S. 5-6)
Zahlreiche überregionale Kunstzeitschriften berichteten über den Neubau: „Ende November ist hier die neue Galerie Goyert gegenüber dem Wallraf-Richartz-Museum eröffnet worden. Es fehlte der Stadt Köln bisher ein eigentliches Kunstzentrum, welches außer den Toten auch den Lebenden und Schaffenden eine Heimstätte sein konnte. Durch das Goyertsche Kunsthaus hat die Stadt nun ein ihrer Entwicklung angemessenes Kunstzentrum erhalten. […] Daß die Kunsthandlung Goyert unter den heutigen, für einen Neubau so außerordentlich ungünstigen Zeiten den Mut zur Schaffung dieses Kunsthauses gefunden hat, muß in der Tat bewundert werden. Es ist aufs dringlichste zu hoffen, dass dem großzügigen Unternehmen […] die besten Erfolge beschieden sein mögen. Die Galerie besteht zunächst aus einer Ausstellungshalle für Plastiken und Kunstgewerbe, dann dem eigentlichen Ausstellungsraum für Gemälde. Im ersten Stock befindet sich ein weiterer Ausstellungsraum, der zugleich als Saal für Vorträge, die in fortlaufender Reihe gedacht sind, dient. Ferner finden sich die Räume für den Kunstverlag […] und schließlich sind noch Werkstätten für Schreinerei und Bildereinrahmerei angeschlossen.“ (Die Kunst. H. 4/5 v. Januar/Februar 1921, Anzeigenseite S. IX) Ergänzt werden die Ausstellungsräume durch „kleinere Seitenkabinette für graphische Kunst“, womit Köln „in dieser Galerie heute ein Instrument [hat], wie es keine andere deutsche Großstadt hat.“ (Der Cicerone. H. 1 v. 13. 1. 1921, S. 36). Im erwähnten grossen Saal fanden später auch Kammermusikabende statt.
So positiv die Errichtung des Kunsthauses besprochen wurde, so kritisch wurde die Eröffnungsausstellung bewertet. Da liest man von „erschreckender Durchschnittlichkeit“ (Kunstchronik und Kunstmarkt. Nr. 13 v. 24. 12. 1920,S. 249), Transportschwierigkeiten der Zeit und andere Probleme werden verantwortlich gemacht, dass „sehr viel in der Ausstellung auch sehr entbehrlich [war], so daß der Wunsch, daß das außerordentlich begrüßenswerte Unternehmen in den künftigen Ausstellungen eine schärfere Auswahl nach der Seite der Qualität hin treffen möge, nicht unterdrückt werden kann.“ (Die Kunst. H. 4/5 v. Januar/Februar 1921, Anzeigenseite S. IX) und Alfred Salmony, der Köln-Korrespondent des „Kunstblatt“ resumierte: „Der Salon könnte in Köln eine Mission haben, wenn er zu der guten Richtung ein sicheres Qualitätsgefühl fügen würde.“ (Das Kunstblatt. H. 1 v. Januar 1921, S. 32, gezeichnet: A. S.)
Die geäusserte Kritik schien auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. „Endlich begreift man, daß in solche Räume wirkliche Kunstwerke gehören“ (Das Kunstblatt. H. 4 v. April 1921, S. 127) und die „rührige Galerie Goyert, die an Kosten nicht spart, um den sterilen Boden des heiligen Köln für die moderne Kunst aufzulockern“ (Der Cicerone. H. 5 v. 10. 3. 1921, S. 162) präsentierte von Februar bis März 1921 eine Ausstellung mit Gemälden von Max Pechstein und Plastiken von Rudolf Belling. „Nach der Enttäuschung, die die Galerie Goyert in Köln mit ihrer Eröffnungsausstellung erlebte, ist ihr der Erfolg, den sie mit der Pechstein-Ausstellung erzielte, voll zu gönnen. Eine Reihe rheinischer Privatsammler haben Werke dieses berlinischsten Expressionistenführers erworben. Außerdem zeigt Belling […] Bildwerke. Ein sehr schöner Katalog ist erschienen, in dem Hans Geier, Paul Fechter, Paul Erich Küppers und Belling selbst die Ausstellung erläutern.“ (Der Querschnitt. H. 2/3, 1921, S. 91)
Es folgten Präsentationen von Erich Waske (April-Mai 1921), Christian Rohlfs (Juli 1921) und Franz Maria Jansen (September 1921), jeweils begleitet von einem umfangreichen Katalog. Diese Kataloge wurde jeweils als [erstes bis sechstes] „Buch der Galerie Goyert“ bezeichnet, die genutzt wurden, „um Exempel expressionistischer Umschlag- bzw. Einbandkunst zu statuieren. Die 'Bücher der Galerie Goyert' in Köln sind hier von Bedeutung, Kataloghefte billigsten Papieres, doch mit Original-Holzschnitten auf dem Einband“ (Lothar Lang 1993, S. 57).
Goyert nahm die noch recht junge Tradition auf, Ausstellungskataloge mit Originalgraphiken (vor allem Holzschnitte) auszustatten, wie es vor ihm schon die Münchener Galerie GOLTZ, die Dresdner Kunsthandlungen ARNOLD und RICHTER und SCHAMES in Frankfurt am Main getan haben. Der wahrscheinlich erste Kunsthändler, der seinen Katalogen gelegentlich Originalradierungen beifügte war Ende des 19. Jahrhunderts GURLITT in Berlin.
Die Zeitumstände zwangen Goyert, das neuerbaute Haus bereits 1921 wieder zu verkaufen .
„Es ist außerordentlich bedauerlich, daß in einer Stadt wie Köln ein solches Unternehmen, welches von dem Erbauer mit großen finanziellen Opfern und großem Idealismus angefasst wurde, nicht bestehen konnte. Vorläufig befinden sich die Ausstellungsräume in der I. Etage im selben Haus. Die Galerie Goyert wird im kommenden Jahre neue große Ausstellungsräume eröffnen.“ (Der Kunstwanderer. 2. Novemberheft 1921, S. 132).
Im Dezember 1921 versuchte Goyert sich auch im Auktionshandel zu etablieren, es ist jedoch nur eine Versteigerung nachzuweisen: Sammlung des Freiherrn von Seckendorff mit Werken von Heinrich von Zügel, Hans von Marées, Hans Thoma, Gabriel von Max, Franz von Lenbach u. a. (Die Kunst. H. 4 v. Januar 1922, Anzeigenseite XIII).
1920 und 1921 beteiligte sich die Galerie auch mit Leihgaben an Ausstellungen ausserhalb Kölns: 1920 war Goyert Leihgeber der Paul Klee-Ausstellung bei GOLTZ in München (Der Ararat 1920, Nr. 62, 149, 168), 1921 war Goyert mit den Künstlern Heinrich Nauen und Christian Rohlfs bei einer Ausstellung in Basel vertreten (Moderne Deutsche Malerei 1921, Nr. 55, 78, 79).
Während die Ausstellungen im „Haupthaus“ Minoritenstrasse 21 weiterliefen, eröffnete Wilhelm Goyert im Mai 1922 neue Ausstellungsräume am Friesenplatz 15. Um 1925 gab es Räume Unter Fettenhennen 11 (auch Sitz der Galerien S. SALZ, DR. JAFFE-ALICE GUTTMANN
und BECKER-NEWMANN), um 1926 in der Ludwigstrasse 18. Darüber hinaus gründete Goyert drei Filialen ausserhalb von Köln in Neuenahr (Rheinprovinz), Witten an der Ruhr (Westfalen) und in Stuttgart (Württemberg), die alle 1925 aufgegeben wurden (Adressbuch des Deutschen Buchhandels 1926, Abteilung II, S. 16).
Um 1932 übersiedelte Goyert in die Minoritenstrasse 9, später kurzfristig in die Breitestrasse 1 und 1934 in die Hohe Strasse 97-99, wo die Galerie bis 1943 bestand. Wie sehr sowohl Goyert als auch seine Künstler unter Beobachtung standen, belegen die zahlreichen Nennungen in Wolfgang Willrichs „Säuberung des Kunsttempels“, wo die Galerie abwertend „Goyert-Laden“ genannt wird (Willrich 1938, S. 71, 97, 170, 172). „In der Zeit der ‚entarteten Kunst’ mussten alle Bestände an Aquarellen und Graphiken von Otto Müller, Emil Nolde oder Paul Klee unter dem Ladentisch verschwinden; dieser ‚Ladentisch’ war aber auch einigen Kölnern bekannt, und so konnten sie hin und wieder für 2 oder 5 Mark eine expressionistische Graphik erwerben.“ (Goyert 1984, S. [6]).
Das Haus und damit auch alle Geschäftsunterlagen wurden im Juni 1943 durch Bombardierung zerstört. Nach der Übersiedlung nach Köln-Braunsfeld wurde auch das Haus in der Raschdorffstrasse zerstört und der Kunsthandel ruhte bis zum Neubeginn 1945. (65 Jahre Kunsthandlung Goyert.- in: Der Kunsthandel. Nr. 10 v. Oktober 1984, S. 24). Heute ist die Galerie in der Hahnenstrasse 18 in dritter Generation in Familienbesitz. 1984 wurde anlässlich von „65 Jahre Goyert“ eine schmale Broschüre mit 20 Seiten Umfang veröffentlicht, die das (falsche) Gründungsjahr 1919 im Titel führt: Goyert. Seit 1919 in Köln [1984].
Nachweise:
Archiv:
Stuttgart: Archiv Seminar für Waldorfpädagogik
Literatur:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Dressler 1923; Handbuch des Kunstmarktes 1926; Maecenas 1927; Maecenas 1930; Dressler 1930
Der Ararat. Zweites Sonderheft. Paul Klee. Katalog der 60. Ausstellung der Galerie Neue Kunst Hans Goltz Mai-Juni 1920
Moderne Deutsche Malerei.- Kunsthalle Basel 1921
Wolfgang Willrich: Säuberung des Kunsttempels. Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art. Zweite Auflage.- München, Berlin 1938
Rudolf Meyer: Wilhelm Rudolf Goyert.- in: Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland. H. 30, 1954, S. 182-184
Goyert. Seit 1919 in Köln.- [Köln 1984]
Der optische Skandal. Plakatkunst von Toulouse-Lautrec bis Art Deco.- Wien 1992
Egon Heeg: Die Köln-Frechener Keramik des Toni Ooms 1919-1934.- Köln 1992
Lothar Lang: Expressionismus und Buchkunst in Deutschland 1907 -1927. 2. verbesserte und ergänzte Auflage.- Leipzig 1993
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